Kommentar von Stefan Alberti zum Beschlagnahme-Vorstoß von Antje Kapek
: Wohnungen sind einfach zum Wohnen da

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Stefan Alberti ist Redakteur für Landes­politik.

Es ist ein Vorstoß, der sofort die Frage auslöst: Wieso passiert das nicht schon? Antje Kapek, die grüne Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus, fordert, leer stehende Wohnungen zu beschlagnahmen. „Enteignung auf Zeit“ nennt sie das. Sosehr man über Pro und Kontra zum Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ (siehe Seite 21) streiten kann – hier muss man schon sehr Marktideologe sein, um ihr nicht voll zuzustimmen.

Denn ob Eigentum, das laut Grundgesetz ja verpflichtet, auch zu einer günstigen Miete verpflichtet, mag Ansichtssache sein. Aber dass es Grundidee der Verfassung ist, dass ein Eigentümer eine Wohnung zumindest in einer Notlage anbieten muss und nicht leer stehen lassen darf, um irgendwann mal ganz viel Geld damit zu machen, liegt auf der Hand.

Der Ablauf: Wer nicht vermietet, dem setzt der Staat einen Mieter rein. Genommen wird dem Eigentümer nichts außer dem Leerstand – er bekommt fortan sogar eine Miete. Gleiches schwebt Kapek für illegale Ferienwohnungen vor. Das Beste: Anders als bei schon juristisch umstrittenen Enteignungsverfahren, bei denen eine Entschädigung fällig ist, kostet dieser Weg den Landeshaushalt nichts außer der Arbeitskraft der Behörden. Unbedingt nötig ist allerdings, dass die dafür genug Personal haben.

Rein rechtlich geht das über das Zweck­entfremdungsverbotsgesetz, das seit Frühjahr 2018 schärfer gefasst vorschreibt: Wer Wohnungen nicht so wie vorgesehen nutzt, dem drohen ab drei Monate Leerstand Bußgeld und die Beschlagnahme. In Hamburg wurden schon 2017 mehrere Wohnungen beschlagnahmt, die mehrere Jahre leer standen. Seit 2013 gilt es dort als Zweckentfremdung, wenn eine Wohnung länger als 4 Monate leer steht.

Leer stehende Wohnungen sind zwar nicht mehr in Massen zu finden, weil teure Vermietung offenbar doch rentabler ist als spekulativer Leerstand. Aber auch wenige sind mehr als keine – und die, die dann ein Dach über dem Kopf haben, freuen sich in jedem Fall.