Sayn-Wittgenstein wieder da

AfD-Schiedsgericht kassiert Vorstandsvotum

Die Bundesführung der AfD ist mit dem Entzug der Mitgliedsrechte der ehemaligen schleswig-holsteinischen Landesvorsitzenden Doris von Sayn-Wittgenstein gescheitert. In der Nacht zum 7. Januar postete Sayn-Wittgenstein auf Facebook, das Landesschiedsgericht habe „meinen vorläufigen Ausschluss von allen Mitgliedsrechten“ aufgehoben. Die drei Volljuristen des Parteigerichts sahen keine „mutmaßlich strafrechtlich relevanten Vorgänge“ gegeben.

Das ist eine Niederlage für die Bundesführung und die Landtagsfraktion. Der Bundesvorstand um Jörg Meuthen und Alexander Gauland sowie die Fraktionsführung von Jörg Nobis und Claus Schaffer hatten Distanz zu der ehemaligen Landesvorsitzenden wegen deren Nähe zum rechtsextremen Verein „Gedächtnisstätte e. V.“ gesucht.

Schon vor der Bundesentscheidung hatte die Fraktion in Kiel am 4. Dezember Sayn-Wittgenstein aus der Fraktion ausgeschlossen. Die Bundesführung wirft ihr aber nicht nur die Nähe zu dem im thüringischen Guthmannshausen ansässigen Verein vor, dem lange die bekannte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck vorgestanden hatte. Der Parteivorstand hält Sayn-Wittgenstein eine eidesstattliche Versicherung eines Honorarmitarbeiters der Landtagsfraktion und pensionierten Oberstaatsanwaltes vor, laut der sie über die Vernichtung der Juden gesagt haben soll: „Diese Lager gab es gar nicht. Das ist alles von den Amerikanern und Engländern getürkt worden.“

In ihrem Beschluss führen die Parteirichter nun aus, die AfD habe einen Brief des umstrittenen Vereins erhalten, nach dem die AfD-Landespolitikerin niemals Mitglied gewesen sei. Sie selbst hatte gesagt, sie habe die Gedenkstätte in Guthmannshausen lediglich im Juni 2014 besucht. Im Ausschlussantrag hatte der Bundesvorstand am 17. Dezember mit einer Mitgliedschaft Sayn-Wittgensteins in dem Verein argumentiert, der auf der Unvereinbarkeitsliste der Partei steht.

Der Vorwurf der Holocaust-Leugnung überzeugte die Schiedsrichter ebenfalls nicht. Die Betroffene streite die Aussage ab. Und selbst wenn sie sich so geäußert haben sollte, so das Schiedsgericht, sei nicht von einem „erheblichen Verstoß“ auszugehen. Denn die Parteikollegin hätte ihre Äußerung „mit einem Werturteil“ vermengt, indem sie von einer Fälschung durch die Engländer und Amerikaner gesprochen hätte. Und solche „Mischerklärungen“ fielen unter die Meinungsfreiheit. Die Richter heben jedoch hervor, dass über einem Ausschluss noch nicht entschieden sei.

Bundes- und Fraktionsführung halten Sayn-Wittgenstein bislang nicht ihren internen E-Mail-Verteiler vor. Im Dezember hatte die taz anhand des Verteilers belegt, das sie breit im rechtsextremen Milieu vernetzt ist. Die 64-Jährige, der 2017 nur zwei Stimmen auf dem Bundesparteitag fehlten um zweite Bundessprecherin zu werden, leitete E-Mails von Freunden der Waffen-SS, Holocaust-Leugnern und Verfechtern einer Reichs­ideologie weiter. Andreas Speit