heute in hamburg
: „Der Schlagstock landet auf allen Geschlechtern“

Foto: privat.

Jana Ballenthien, 38, Soziologin und Mitglied der Gruppe „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz“.

Interview Frieda Ahrens

taz: Haben Sie sexualisierte Polizeigewalt erlebt, Frau Ballenthien?

Jana Ballenthien: Ich habe das vielfältig erlebt, wenn ich Menschen bei einer Anzeigenerstattung begleitet habe. Da fand dann fast routiniert victim blaming statt. Also dass der Person, die die Anzeige erstattet hat, vorgeworfen wurde, sie hätte ja andere Sachen anziehen können. Man braucht ein bisschen Glück, um an PolizeimitarbeiterInnen zu geraten, die da sensibilisiert sind.

Gibt es bei der Polizei auch Sexismus gegen Männer?

Ich kann da nur von unseren Beobachtungen ausgehen. Es wird beim konkreten gewaltvollen Einsatz bei Demos nicht differenziert zwischen den Geschlechtern. Eher im Gegenteil. Man hört eher: „Hier, Kleine, geh mal weg, das wird hier gleich hart.“ Da haben wir dann eine Form von positivem Sexismus. Ist halt auch Sexismus, der sehr verletzend sein kann. Aber im Normalfall: Der Schlagstock landet auf allen Geschlechtern.

Ist es in den letzten Jahren besser geworden?

Im Polizeiapparat ist total viel passiert. Einmal als 2002 das Gewaltschutzgesetz eingeführt wurde und dann nochmal 2012 als die Opferschutzrichtlinie auch auf EU-Ebene implementiert wurde. Viele Institutionen berichten uns, dass es sich verbessert hat. Da haben plötzlich wahnsinnig viele Schulungen auf unterschiedlichen Hierarchieebenen stattgefunden. Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass trotz des Gewaltschutzgesetzes immer noch viel Sexismus stattfindet.

Welche Rolle spielt das Machtverhältnis?

Vortrag „Sexistische Gewalt“: 18.30 Uhr, Café Knallhart, Von-Melle-Park 9, Eintritt frei

Die Definitionsmacht ist da auf jeden Fall auf der Seite der PolizistInnen. Der gesellschaftliche Normalzustand, der Sexismus der da schon vorherrscht, bekommt nochmal eine ganz andere Dimension während eines Polizeieinsatzes.

Was sollte sich ändern?

Natürlich eine viel stärkere und bessere Sensibilisierung. Auch die Kennzeichungspflicht ist in diesem Kontext eine wichtige politische Forderung. Insbesondere wenn man eine Machtposition wie die Polizei, also die ausübende Staatsmacht, darstellt, dürfte man nicht mehr auf diese gesellschaftlichen Stereotype reinfallen und diese dann mit repräsentieren.