heute in hamburg
: „Es gibt vermehrt Übergriffe“

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Cornelia Berger, 46, ist Bundesgeschäftsführerin in der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten- Union in ver.di.

Interview Philipp Effenberger

taz: Frau Berger, während des G20-Gipfels wurde 32 JournalistInnen die Akkreditierung entzogen. War das wirklich ein Versehen des Bundeskriminalamts?

Cornelia Berger: Das war kein Versehen, sondern eine Verkettung von Überreaktionen. Auf jeden Fall halten wir dieses Vorgehen für einen rechtswidrigen Verwaltungsakt. Für mich war der Entzug der Akkreditierungen während des Gipfels aber nur die Spitze des Eisbergs.

Inwiefern?

Unter der Oberfläche liegt das eigentliche Problem: Nach wie vor sammeln der Verfassungsschutz, das Bundes- und das Landeskriminalamt personenbezogene Daten und die Ministerien verweigern ohne Begründung die Akkreditierung von JournalistInnen. Das bedarf einer intensiven Aufarbeitung.

Ist es ein neuer Trend, dass JournalistInnen an der Ausübung ihrer Arbeit gehindert werden?

Ja, seit circa drei Jahren gibt es vermehrt Übergriffe auf JournalistInnen, vor allem im Umfeld von Pegida-Veranstaltungen. MedienvertreterInnen brauchen neuerdings mehr Schutz durch die Polizei. Das führt uns auch zur Frage , welches Bild die Einsatzkräfte von den Medien haben. Leider werden sie eher als Störenfriede begriffen, gegen die restriktiv vorgegangen wird. Die Wahrnehmung, dass JournalistInnen im öffentlichen Interesse, in der Ausübung der Pressefreiheit handeln, hat spürbar nachgelassen.

Warum geraten JournalistInnen überhaupt in den Fokus von Ermittlungsbehörden?

Vortrag und Diskussion: „JournalistInnen im Fokus von Ermittlungsbehörden und Geheimdiensten“, 18.30 Uhr, FC St. Pauli Museum, Heiligengeistfeld 1.

Eintritt frei.

Aufgrund der falschen Wahrnehmung der Einsatzkräfte. JournalistInnen müssen sich als TrägerInnen der Pressefreiheit behaupten. Bei rechten Demos pochen viele TeilnehmerInnen auf das Recht, nicht fotografiert zu werden, obwohl journalistisches Arbeiten bei solchen Veranstaltungen vom Datenschutzgesetz ausgenommen ist. Doch viele PolizistInnen kennen die rechtliche Lage gar nicht.

Braucht die Polizei verpflichtende Weiterbildungsangebote zum Thema Pressefreiheit?

Unbedingt, denn es gibt kein Bewusstsein für journalistische Berichterstattung. Über die Ausbildung können wir ein Bewusstsein bei den Einsatzkräften schaffen, was Pressefreiheit bedeutet. Solche Seminare müssen von JournalistInnen angeboten werden, damit es einen Austausch der verschiedenen Positionen gibt.