Einer lügt

Die Polizeidienststellen in Göttingen und Görlitz sind sich über den beobachteten Journalisten uneins

„Entweder die Polizei in Göttingen oder die Polizei in Görlitz sagt die Unwahrheit“

Sven Adam, Anwalt

Von Reimar Paul

Im Fall des offenbar seit mehreren Jahren von der Polizei beobachteten und zuletzt am 3. November im sächsischen Ostritz von Beamten kontrollierten Göttinger Fotojournalisten gibt es weiterhin erhebliche Unklarheiten (siehe taz von gestern). Polizeidienstellen in Görlitz und Göttingen widersprechen einander, ob – und von wem – der Betroffene zur Beobachtung ausgeschrieben wurde. Die Überwachung war durch ein falsch adressiertes Schreiben der Görlitzer Polizei aufgeflogen – statt bei deren Göttinger Kollegen landete es in der Kanzlei des in der Uni-Stadt ansässigen Rechtsanwalts Sven Adam. Dieser vertritt den Journalisten.

Einer gemeinsamen Mitteilung der Polizeidirektion und der ihr untergeordneten Polizeiinspektion Göttingen zufolge ist der 28-jährige Mann zwar im polizeilichen Auskunftssystem gespeichert. Falsch hingegen sei, „dass der Mandant des Rechtsanwalts in polizeilichen Auskunftssystemen zur Beobachtung ausgeschrieben ist“. Die polizeiliche Beobachtung ist eine schwerwiegende Maßnahme – sie muss von einer Polizeidienststelle beantragt und durch ein Gericht angeordnet werden. Voraussetzung ist, dass „eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen wurde“.

Nach Angaben der Polizeidirektion Görlitz hingegen hat die Göttinger Polizeiinspektion – der als 4. Kommissariat der Staatsschutz angegliedert ist – selbst die Ausschreibung veranlasst. „Zur Frage, warum die Ausschreibung in (dem polizeilichen Informationssystem) INPOL zu der betreffenden Person erfolgte, kann die ausschreibende Dienststelle Auskunft geben“, beschieden die Görlitzer eine schriftliche Anfrage der taz: „Das ist im vorliegenden Fall die Polizeiinspektion Göttingen. Bitte haben Sie Verständnis, dass die Polizeidirektion Görlitz zu diesem Teilaspekt nicht der richtige Ansprechpartner ist.“

Anwalt Adam will mit nun einer Reihe von Klagen Licht ins Dunkel dieses Vorfalls bringen. Auch für ihn ist offensichtlich: Entweder die Polizei in Göttingen oder die Polizei in Görlitz sagt die Unwahrheit. Für die falsche Adressierung des Schreibens hat sich die Polizeidirektion Görlitz übrigens entschuldigt: Einem Sachbearbeiter sei „ein Fehler“ unterlaufen, hieß es.