Die Leere auf dem Eis

Die Deutsche Eislauf-Union ist in der Krise. Es gibt zu viele Ausfälle und zu wenige Talente. Bei einem Wettbewerb besetzte man nur zwei von sieben Startplätzen

In keinem anderen Land sei die Verletzungs- und Krankheitsanfälligkeitso hoch

Von Marina Mai

Der Auftritt von Paul Fentz beim Grand Prix in Moskau dürfte der Leitung der Deutschen Eislauf-Union wieder ein wenig Mut gemacht haben. Mit zwei schönen Programmen erreichte der Deutsche Meister im Eiskunstlauf einen sechsten Platz. Fentz, der zu Saisonbeginn lange verletzt war, hatte zwar keinen Vierfachsprung riskiert, der in der internationalen Spitze Standard ist, aber was er zeigte, zauberte er in künstlerischer Perfektion aufs Eis. Fentz, der einzige männliche deutsche Einzelläufer, der mit den Spitzenathleten mithalten kann, zeigte: Es geht. Auch in der nacholympischen Saison können deutsche Eiskunstläufer wieder auftrumpfen. Danach sah es nämlich bisher nicht aus. Aus Sicht des deutschen Eiskunstlaufes war die Saison von Pleiten, Pech und Pannen geprägt.

Zu den Wettbewerben im Junioren-Grand-Prix hatte die Deutsche Eislauf-Union sieben Startplätze für Mädchen bekommen. Acht Kaderläuferinnen gibt es in der Altersgruppe, doch zwei Startplätze konnte der Verband nur besetzen und in beiden Fällen endete der Start mit einem Desaster. Die deutsche Meisterin Nicole Schott, sie war ebenso wie Fentz zum Grand Prix in Moskau eingeladen, hat ihren Saisonstart immer wieder abgesagt. Für einen Wettbewerb am Wochenende in Österreich waren vier andere deutsche Eiskunstläuferinnen gemeldet. Drei von ihnen hatten aus gesundheitlichen Gründen abgesagt.

Udo Dönsdorf, der Sportdirektor der Deutschen Eislauf-Union, sieht in der Leistungskrise seines Verbandes jedoch lediglich eine Aneinanderreihung von Zufällen. „An den Trainingsbedingungen liegt es nicht. Die stimmen“, sagt er der taz. „Aber nach Olympia haben eben einige Sportler aufgehört und die Läufer aus der zweiten Reihe brauchen Zeit, das Niveau zu erreichen. Und wenn eine Einzelläuferin wie Nicole Schott sich beim Versuch, Höchstschwierigkeiten wie den dreifachen Axel zu erlernen, verletzt und anschließend eine Virusinfektion bekommt, dann fällt sie leider die halbe Saison aus.“ Schott stünde wieder im leichten Training.

In keinem anderen Land sei die Verletzungs- und Krankheitsanfälligkeit der Kufenkünstler so hoch wie in Deutschland, kritisiert hingegen die Fachzeitschrift Pirouette. „Hier müsste man fragen: Sind medizinische Betreuung, Vorsorge, Physiotherapie und Aufwärmtraining unzureichend?“

Dönsdorf aber ist zuversichtlich, dass die Verletzungen und Infekte jetzt ein Ende finden: „Die Saisonhöhepunkte kommen ja erst.“ Die Befürchtung, es könnte künftig bei internationalen Meisterschaften nur ein spärliches deutsches Aufgebot geben, hält er für unbegründet. „Das wird nicht passieren. Wir haben selbst bei den Juniorinnen, wo wir nach der starken Vorsaison eine echte Flaute erleben, immer noch Läuferinnen, die zur Juniorenweltmeisterschaft fahren können.“

Schwerpunkt der Deutschen Eislauf-Union wird es in dieser Saison sein, einen internationalen Paarlaufstützpunkt in Berlin aufzubauen. Sportdirektor Udo Dönsdorf: „Alexander König, der Trainer unserer Olympiasieger Aljona Savchenko und Bruno Massot, ist nach Berlin gewechselt. Wir haben dort andere erfahrene Trainer für das Paarlaufen. Und wir bauen gerade vier bis fünf sehr junge Paare auf.“ Unklar sei allerdings, in welchem Umfang dieser Stützpunkt finanziert wird. „Aber eine Finanzierung wird es geben.“ Das Paar Minerva Hase/Nolan Seegert konnte bereits mit wunderschönen Programmen und einem fünften Platz im Grand Prix in den USA glänzen.