Pfefferspray im Zugabteil

St.-Pauli-Fans an Anreise nach Bielefeld gehindert

Etwa 250 St.-Pauli-Fans haben sich am Sonntag umsonst auf den Weg zum Auswärtsspiel gemacht. Wegen einer vermeintlichen Ordnungswidrigkeit, so die Braun-Weiße Hilfe, das Rechtshilfeprojekt des FC St. Pauli, kam es auf dem Weg nach Bielefeld zu einem großflächigen Pfeffersprayeinsatz innerhalb eines geschlossenen Zugwaggons.

Ein Augenzeuge berichtete: „Nachdem die Polizei einen mitreisenden Fan körperlich anging, fing ein Teil der Fans an, diese verbal zu beleidigen.“ Danach habe die Polizei „wie aus dem Nichts Pfefferspray eingesetzt“. Die Polizei spricht dagegen von gezielten Provokationen. Fußballfans sowie weitere Reisende litten wegen des Pfeffersprays unter Atemnot, tränenden Augen und mussten sich teilweise übergeben.

Als die Reisenden den Zug in Melle verlassen wollten, wurden diese durch erneuten Pfefferspray- und Schlagstockeinsatz daran gehindert. „Schlagstöcke wurden auch auf Kopfhöhe eingesetzt“, berichtete ein Fan. Am Bielefelder Hauptbahnhof kesselte die Polizei die Fans stundenlang ein, um deren Personalien festzustellen. Ziel sei es gewesen, sogenannte Problemfans zu identifizieren, teilte die Polizei mit. Die Bilanz: 18 Strafanzeigen.

Laut Braun-Weißer Hilfe wurde allen Festgehaltenen der Gang zur Toilette verwehrt. Erst nach fünf Stunden erhielten sie Getränke und etwas zu essen – und das nicht einmal von der Polizei, sondern vom Fanladen. Unter den Eingekesselten hätten sich Minderjährige befunden, „die ohne die Miteinbeziehung der Erziehungsberechtigen rechtswidrig festgehalten und kontrolliert“ worden seien, kritisiert die Braun-Weiße Hilfe.

Der Verein und der Fanladen St. Pauli halten das Handeln der Polizei für unverhältnismäßig. Anhand von Gedächtnisprotokollen der Betroffenen prüft der Verein in Kooperation mit einer Anwaltskanzlei aus St. Pauli, ob es zu rechtswidrigem Verhalten der Polizei gekommen ist.

Unterstützung erhalten sie von Menschenrechtler*innen: „Amnesty International „nimmt diese Vorwürfe ernst und fordert Staatsanwalt und Polizei dazu auf, diese strafrechtlich zu überprüfen“, teilte die Organisation mit.

Wie ungewöhnlich der Einsatz war, geht aus einem Kommentar der Gruppe Ultrà Sankt Pauli hervor: „Seit über sechzehn Jahren hing unser Banner bei jedem Pflichtspiel des FC St. Pauli. Mit der Masseningewahrsamnahme vom Bielefelder Hauptbahnhof endet diese Serie.“ Hannah Maatallaoui