Aufstand im Plenum

Viele Handelskammer-Rebellen sind unzufrieden mit der Reform der Wirtschaftsvertretung. Präses Bergmann werfen sie Führungsschwäche vor

Von Gernot Knödler

Teile des Handelskammer-Plenums halten den Präses Tobias Bergmann nicht mehr für den richtigen Mann an der Spitze der Wirtschaftsvertretung. „Er ist nicht die Führungspersönlichkeit“, sagt der Finanzberater Hans-Georg Kuhlmann. „Bergmann hat nicht die Gabe, Leute zusammenzuführen, zusammenzuhalten“, sagt seine Mitstreiterin Wiebke Hildener.

Der neuen Kammerführung sei „schon mit dem Wahlsieg der Kompass abhanden gekommen“, findet auch Kai Boeddinghaus vom Bundesverband Freier Kammern (BFFK), der sich von der Hamburger Reform bundesweite Impulse erhofft hatte. Bergmann äußerte sich nicht.

Kuhlmann gehört dem Wahlbündnis „Die Kammer sind wir“ an, das im Februar 2017 das Plenum grundstürzend veränderte, indem es 55 von 58 Sitzen holte, die jetzt überwiegend mit Selbstständigen statt mit Managern besetzt sind. Führender Kopf dieser „Kammerrebellen“ war der Organisationsberater Bergmann, der mit dem Versprechen angetreten war, die Pflichtbeiträge der Unternehmen abzuschaffen und die Kammer schlanker zu machen.

Kuhlmann und seine Mitstreiter aus dem Bündnis – neben Hildener Ursel Arova, Stefan Duphorn und Wolfgang Mayer – stören sich an dem zerstrittenen Bild, welches das Kammerpräsidium abgibt. „Es ist ein Chaos“, sagt Kuhlmann. Erst vor einer Woche hat das Präsidiumsmitglied Torsten Teichert die Rebellen verlassen. Der Tonfall sei ruppig geworden. Er wolle nicht weiter im Bündnis und der Kammer zugleich kämpfen.

Kuhlmann und Co. treibt der Eindruck um, die Reform komme nicht recht voran. Hauptamtliche Mitarbeiter ließen die ehrenamtlichen Präsides auflaufen. Es sei nicht genug gespart worden. Scheidenden Mitarbeitern seien exorbitante Summen an Abfindungen bezahlt worden. In einem Fall geschah das womöglich rechtswidrig. Das Kammerplenum hat ihn in der Schwebe gelassen.

„Es war immer klar, dass zum Personalabbau auch Abfindungen gehören“, rechtfertigt sich Hauptgeschäftsführerin Christi Degen. Alle Aufhebungsverträge seien anwaltlich geprüft und für angemessen und richtig erklärt worden. Zwei Jahre hintereinander habe die Kammer zehn Prozent an Sachkosten gespart, behauptet Degen, Mitgliedschaften aufgegeben und die Hamburg School of Business Administration verkauft.

Nicht einlösen konnte Präses Bergmann sein Versprechen, die „Zwangsbeiträge“, wie sie die Kritiker nennen, abzuschaffen. Das Bundesverfassungsgericht erklärte diese im Juli 2017 für rechtens. In der Folge wurden die Beiträge für die große Zahl kleiner Mitgliedsunternehmen gesenkt und für die großen erhöht.

Das sei eigentlich ein Erfolg, sagt Bergmann-Kritiker Duphorn. Aber dieser sei in einer Handelskammer-Zeitung versteckt worden, statt damit bei den Mitgliedern zu punkten. Für Boeddinghaus gehört zur Habenseite auch das niedrigere Gehalt für die Position des Hauptgeschäftsführers und mehr Transparenz etwa durch öffentliche Plenarsitzungen.

„Die Außenkommunikation war sicher unglücklich“, räumt Vizepräses und Kammerrebell Johann Dillinger ein. Differenzen sieht er im Präsidium. Er habe jedoch nicht den Eindruck, dass die hauptamtlichen Mitarbeiter bewusst Dinge blockierten. „Es ist eher der Amtsschimmel, der da wiehert.“ Die Umsetzung der Reformen sei im Gange.