Anwohner gegen Zentrum

Neumünster möchte kein größeres „Ankunftszentrum“

Von Esther Geißlinger

Es gibt keinen Plan B: „Neumünster wird die zentrale Erstaufnahme-Einrichtung bleiben“, sagte Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) bei einer Einwohnerversammlung vor rund 500 Interessierten. Unklar ist nur, ob von 850 auf 1.000 oder 1.500 Plätze aufgestockt wird. Das Land wünscht sich die zweite Lösung, um die Unterkunft in einem ehemaligen Kasernengelände zu einem „Ankunftszentrum“ auszubauen. Bei der Versammlung gab es jede Menge Skepsis.

Viele AnwohnerInnen fürchten Probleme, wenn dort noch mehr Geflüchtete leben. Schon heute habe sie Angst, auf die Straße zu gehen, sagte eine Frau. Ein Mann sagte: „Neumünster wird zum Treffpunkt für Krawallbrüder.“ Einzelne gingen noch weiter: „Das ist doch krank!“, rief eine Frau, als Grote die rechtlichen Mittel gegen Abschiebungen erklärte. Der konterte: „Wenn wir uns anmaßen, mehr auf den mutmaßlichen Bürgerwillen zu hören statt auf das Recht, dann befinden wir uns auf einer Höhe mit Staaten, mit denen wir nichts gemein haben wollen.“

Aber Grote betonte auch, dass Menschen mit schlechter Bleibeperspektive nicht verteilt werden sollten. Diese Idee des „Ankunftszentrums“ habe Schleswig-Holstein bereits vertreten, bevor Bundesminister Horst Seehofer (CSU) seine sogenannten „Ankerzentren“ entwarf. Aktuell liegt die größte Unterkunft in Boo­stedt. Der Pachtvertrag für das dortige Grundstück läuft 2024 aus. Um in Neumünster auszubauen, möchte das Land ein Grundstück von der Stadt kaufen. Einigen im Saal klang das nach Luxus, andere sorgten sich: „Was macht das mit Menschen, wenn sie auf so engem Raum leben müssen?“, fragte eine Frau. Stefan Schmidt, Flüchtlingsbeauftragter des Landtags, sagte: „In Ankerzentren werden Probleme für Schutzsuchende entstehen und sich verfestigen, die es bei einer dezentralen Unterbringung nicht gibt.“

Eine dezentrale Unterbringung steht als Ziel im Koalitionsvertrag der Jamaika-Regierung. Aminata Touré (Grüne) verweist auf die Bundesregelung: „Gegen die können wir uns nicht stellen.“ Dennoch würden die Grünen ein „Ankerzentrum in Seehofers Sinn nicht mittragen“. Auch die geplanten 1.500 Plätze seien „eine zu große Zahl“, so Touré. Sie will, dass bestimmte Gruppen dezentral verteilt werden.