Kommentar zum Korea-Gipfeltreffen: Vage genug für einen Exit

Die Einigung zwischen Nord- und Südkorea hat einen Haken, sie ist an Maßnahmen aus USA geknüpft. Doch welche Gegenleistungen erwartet Nordkorea?

Kim Jong Un am Rednerpult

Was erwartet Kim, und was hält er sich offen? Foto: dpa

Die Resultate des dritten innerkoreanischen Gipfeltreffens werden die Gemüter spalten: Südkoreanische Tageszeitungen haben sie als „Durchbruch“ bezeichnet, die US-Regierung hingegen wird sie insgeheim als herbe Enttäuschung empfinden. Beide Seiten haben gute Gründe für ihre Haltung.

Zweifelsohne ist die Koreanische Halbinsel an diesem Mittwoch ein sicherer Ort geworden: Beide Koreas wollen die Wachposten in der entmilitarisierten Zone abrüsten, Militärübungen entlang der Grenze beenden und noch vor Jahresende mit der Wiederherstellung der innerkoreanischen Eisenbahnstrecke beginnen.

Ein Blick auf die „Feuer und Wut“-Rhetorik zwischen Trump und Kim von letztem Jahr reicht, um die nun in Pjöngjang erzielten Einigungen als historisches Glück zu empfinden: Damals stand die Koreanische Halbinsel am Rande eines Krieges. Davon ist heute nichts mehr zu spüren: Kim Jong Un wird noch in diesem Jahr die südkoreanische Hauptstadt besuchen, als erster nordkoreanischer Staatschef überhaupt. Ein mutiger Schritt. Er wird in Seoul von Zehntausenden wütenden Demonstranten begrüßt werden – ein eindrucksvoller Beweis für eine der pulsierendsten Demokratien Asiens.

Unter dem Gesichtspunkt der Denuklearisierung aber – und die ist nun mal für Washington und weite Teile der internationalen Gemeinschaft die Gretchen-Frage –, hat Kim Jong Un nur Halbgares geliefert. Die Schließung der Raketentestanlage in Dongchang-ri hatte Kim bereits im Juni versprochen, neu ist, dass Nordkorea nun auch seinen wichtigsten Nuklearkomplex in Yongbyon abrüsten will.

Doch diese Klausel hat einen ganz entscheidenden Haken: Sie ist an „korrespondierende Maßnahmen“ aus Washington geknüpft. Welche Gegenleistungen sich Nordkorea genau vorstellt – Lockerungen der Sanktionen oder Friedensvertrag – ist nicht vermerkt. In anderen Worten: Kim bleibt vage genug, um sich eine bequeme Exit-Strategie offen zu halten.

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Seit 2019 China-Korrespondent mit Sitz in Peking. Arbeitete zuvor fünf Jahre lang als freier Journalist für deutschsprachige Medien in Seoul, Südkorea. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.

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