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„Frag deinen Röster, was er den Bauern zahlt“

Das Hamburger Quijote Kaffee Kollektiv will Röstereien miteinander vernetzen, um den Fairen Handel voranzubringen – mit mehr Transparenz

Foto: Knut Henkel

Andreas „Pingo“ Felsen

ist Gründer des Quijote Kaffee Kollektivs. Geboren 1973 in Hamburg, dreht sich bei ihm seit 1999 nahezu alles um die aromatische Kaffeebohne.

taz: Herr Felsen, im Juni hat Quijote Kaffee gemeinsam mit anderen Röstereien ein Kolloquium zur Transparenz im Kaffeesektor in Hamburg organisiert. Im Fokus stand dabei die Forderung nach mehr Transparenz im Kaffeehandel. Inwiefern besteht da Bedarf?

Andreas Felsen: Auf dem Kaffeemarkt dreht sich alles um den Preis pro Pfund Kaffee. Der liegt derzeit mit knapp einem US-Dollar pro Pfund unter den Produktionskosten. Bei uns auf dem Kaffee-Kolloquium drehte sich hingegen alles um die Preistransparenz rund um den Direktimport durch die Röstereien – wir plädieren für die Offenlegung der Ankaufpreise. Das ist letztlich eine Folge der Initiative zum Direktimport von Kaffee, die vor rund zehn Jahren von Röstereien wie Counter Culture, Intelligentsia oder Stumptown aus den USA ausging. Die setzten und setzen auf den direkten Kaffeeimport vom Produzenten und auf faire Konditionen. Ziel war auf der einen Seite eine höhere Kaffeequalität, auf der anderen Seite bessere Bedingungen für die Produzenten zu generieren. Mehr Transparenz ist nun zehn Jahre später erklärtes Ziel.

Was bringt mehr Transparenz bei den Ankaufpreisen und wer ist auf die Idee gekommen?

Das ist ein wichtiger Schritt, den wir gemeinsam gehen und propagieren möchten. Die Idee stammt von Peter Roberts von der Emory Universität in Atlanta, einem Wissenschaftler, der zu Transparenz und deren Folgen auf dem internationalen Kaffeemarkt forscht. Allein durch die Veröffentlichung der Ankaufpreise steigen sie an, hat Roberts herausgefunden. Das kommt den Bauern zugute, die vor Ort produzieren. Um die Idee der Transparenz bei den Ankaufpreisen zu propagieren und uns unter engagierten Röstern auszutauschen, haben wir von Quijote Kaffee nach Hamburg zum Kolloquium geladen. Alle Pioniere hinter dieser Idee sind gekommen und wir haben darüber diskutiert, wie wir diese Initiative besser nach außen kommunizieren können.

Transparenz im Interesse der Kaffeebauern sozusagen. Ist es realistisch hier auf einen Multiplikatoreffekt zu setzen?

Ja, gute Preise für guten Kaffee sollten selbstverständlicher Konsens sein und deshalb begrüßen wir es, wenn die Kaffeekäufer bei den Röstern nachfragen, woher ihre Ware stammt, was bei den Bauern ankommt und wie die Arbeits- und Produktionsbedingungen vor Ort sind.

Erreichen Sie mit Argumenten, die sich auf die Situation der weit entfernt lebenden Bauern beziehen, denn genügend Verbraucher?

Natürlich nicht alle, aber die, die bei kleinen Röstereien direkt kaufen, fragen durchaus vermehrt nach. Die Erfahrungen machen wir bei Quijote Kaffee, aber eben auch viele andere Röstereien, mit denen wir zusammenarbeiten. Das könnte sich zu einem tollen Hebel entwickeln. Welche von den 800 in Deutschland ansässigen Röstereien wird den Kunden erklären wollen, dass bei den Bauern kaum etwas ankommt für ein gutes und arbeitsintensives Produkt?

Sie haben 2017 einen detaillierten Transparency Report vorgestellt, in dem alles offengelegt wird – vom Ankaufpreis bis zum Röstprofil. Sogar die Besuche vor Ort sind dokumentiert. Wollen Sie neue Standards setzten?

Ja, definitiv. Wir definieren uns als „Open Source Kaffeerösterei“ – wollen transparent bis in den letzten Winkel unseres Kaffeegeschäfts sein und das macht Schule. So überlegt der beste holländische Importeur – „Trabocca“ – alle Ankaufpreise transparent zu machen. Diesen Multiplikatoreneffekt wünschen wir uns. Wer fair unterwegs ist, hat auch nichts zu verstecken.

Wenn der Multiplikatoreneffekt Schule macht, könnten auch die größten Röstereien von Aldi bis Tchibo unter Druck geraten und umsteuern. Ist das ein Hintergedanke der Initiative?

Ja, durchaus. Von den 800 Röstereien, die es in Deutschland gibt, engagieren sich 100 bis 150 in Sachen Fairness und Qualität. Die wenigsten davon importieren direkt, aber wenn sie bei ihren Großhändlern nachfragen, entsteht dadurch ein gewisser Veränderungsdruck. Das hätte schon Signalcharakter und auch die ganz großen wie Aldi und Tchibo wären dann irgendwann in Erklärungsnot. Interview Knut Henkel