Zurück in die Tiefebene

Jan Böttcher liest aus seinem Rückkehrer-Roman „Das Kaff“

Von Alexander Diehl

Vielleicht alles nur eine Frage der Zeit. In dem Maß, wie ein bestimmter Typus von irgendwann in die Großstädte gezogener und dort mit dem Schreiben begonnen habender Autor*innen ein bestimmtes Alter erreichen, wandeln sich auch ihre Stoffe. Dann stellen sich vielleicht lange verdrängte, lässig überwunden geglaubte Fragen wieder – und frei nach Freud: umso dringlicher.

Eine beliebte Weise, so etwas zu verpacken, ist wiederum etwas, was man Heimatliteratur nennen könnte: Da werden aus inneren Vorgängen Örtlichkeiten, allen voran der einst eilig verlassene Heimatort mit all seiner Enge und, tja, nicht Großstadthaftigkeit.

Womit wir beim Kaff wären, das im Fall von Jan Böttcher sogar den Romantitel stiftet: Dahin, in einen Flecken irgendwo in der norddeutschen Tiefebene, kehrt die Hauptfigur zurück, eines Jobs wegen, wie er diesem Michael eher nicht vorgeschwebt haben wird, als er damals wegging, in die Großstadt, um Architekt zu werden. Und siehe da: Ein paar alte Freunde, die gar nicht alle welche waren, sind noch da, ehe er sich versieht, ist er Funktionsträger im örtlichen Fußballverein, und, klar: Am Ende hat sich sein Bild von alldem gewandelt.

Wie viel Böttcher steckt in diesem Michael? Soll man ja nicht fragen, aber es drängt sich dann doch auf: Böttcher ist selbst Wahlberliner, und geboren worden ist er in – Lüneburg. Was seiner Figur die Architektur, war ihm selbst die Musik, er war Teil einer Band namens Herr Nilsson, nach dem Pippi-Langstrumpf-Äffchen, da klingt das Sehnen nach Heimat, nach Kindheit gar, ja auch ziemlich deutlich mit; aber vielleicht war’s auch gar kein Sehnen sondern bloß schnöde Ironie? Fragen Sie den Mann doch einfach selbst.

Jan Böttcher liest (zusammen mit Lena Gorelik): Mo, 17. 9., 19 Uhr, Rotenburg (Wümme), Heimathaus; Di, 18. 9., 19.30 Uhr, Rosengarten-Ehestorf, Freilichtmuseum am Kiekeberg