wie machen sie das?
: DerMagier

„Pack die Karten weg“, hörte Claudio Gnann, 27, als Schüler von den LehrerInnen. Als Berufsmagier verdient er heute pro Show manchmal Summen im vierstelligen Bereich.

taz am wochenende: Herr Gnann, Sie lenken erfolgreich Menschen vom eigentlichen Geschehen ab. Wie machen Sie das?

Claudio Gnann: Die Zuschauer denken, ich bin bei Schritt A. Dabei bin ich längst bei Schritt C. Ich habe Schritt B schon gemacht, und die Zuschauer haben es noch gar nicht gemerkt. Wenn ich sage: „Niemals ablenken lassen. Schaut nicht auf meine Schuhe!“ Dann zeige ich auf meine Schuhe und schaue hin. 80 Prozent schauen auch auf meine Schuhe. Genau in dem Moment mache ich etwas komplett anderes.

Bei welchem Trick brauchen Sie das?

Zum Beispiel bei einem Finale. Da habe ich einen Zuschauer auf der Bühne, ein paar Bälle und eine Schüssel. Der Zuschauer muss immer raten, wo der Ball ist. Am Ende erscheinen hintereinander zwei Bälle, eine Zitrone und mein Schuh. In dem Moment, in dem die Zitrone erscheint, kann ich den Schuh ausziehen, weil alle auf die Zitrone schauen.

Welcher Gesichtsausdruck ist dabei ratsam?

Wenn ich die Zitrone erscheinen lasse, bin ich voll dabei. Ich beschreibe die Si­tuation, halte die Zitrone noch mal hin, bin selbst ein bisschen überrascht. Ich lege den Fokus total auf die Zi­tro­ne, um vom anderen Geschehen komplett abzulenken.

Dazu brauchen Sie eine hohe Konzentrationsfähigkeit.

Die kommt mit der Erfahrung. Bei mir ist das inzwischen automatisch. Deshalb fällt es mir gar nicht so auf, wenn ich ablenke.

Wie reagieren die Zuschauer?

Die wollen mich entlarven. Ich höre so oft: Da kommt ein Magier, dem schaue ich mal ganz genau auf die Finger. Dann sehen sie trotzdem nichts. Und außerdem sind sie völlig verzaubert, weil ich sie ablenken konnte.

Ist auch schon mal etwas schiefgelaufen?

Vor allem in der Anfangszeit. Auf einer Hochzeit hatte ich mal einen kleinen Koffer mit meinem finalen Trick in der Umkleide vergessen. Zum Glück stand ein DJ mit auf der Bühne, den ich spontan zum Assistenten machte und den Koffer holen schickte. Die Zuschauer dachten, das sei so geplant gewesen. Seitdem habe ich nie wieder etwas vergessen.

Wie viel üben Sie?

Anfangs habe ich drei, vier Stunden täglich geübt. Heute reichen mir meine bis zu fünf Shows in der Woche. Beim Filmschauen oder Telefonieren habe ich aber oft die Karten in der Hand, um die Finger geschmeidig zu halten.

Gibt es wirklich einen Magierkodex?

Klar.

Halten Sie sich daran?

Ich hab schon mal einen Trick verraten, Geheimnisse aus meiner Show noch nie.

Interview: Stella Schalamon