Italienischer Fußball: Der große Bankrott

Spielerstreiks, Pleite-Klubs, Unklarheit, ob die Meisterschaft beginnen kann – es herrscht wildes Treiben in Italiens Serien B und C.

"Alle zusammen für einen großen Traum": Fans haben diesen Text auf ein Plakat auf der Tribüne geschrieben

„Alle zusammen für einen großen Traum“: Fanplakat beim Spiel Citadella gegen Bari Foto: imago/LaPresse/Davide Casentini

Das Chaos hat drei Ursachen: schlechtes Management, zu hohe Kosten und schließlich faule Tricks. Insgesamt 14 Klubs aus der zweiten und dritten Liga machten in den letzten drei Jahren Bankrott, allein fünf in der letzten Saison. Das betraf die früheren Erstligaklubs Cesena und Bari in der Serie B sowie die Traditionsklubs Vicenza (gegründet 1902), Modena (1912) und Akragas (1939) in der Serie C.

Cesena, vor vier Jahren noch stolzes Mitglied der Serie A, machte im Sommer mit über 70 Millionen Euro Schulden Pleite und ging damit der Lizenz für die Serie B verlustig. Ein Großteil hatte sich angehäuft, so argumentierte der jetzt ehemalige Klubpräsident Igor Campedelli, weil der Stadionausbau in Serie-A-Zeiten so kostspielig gewesen sei.

Wer zu Serie-A-Zeiten in Cesena war, sah aber keine Bauwunder, eher Improvisationen, um das höhere Aufkommen von Journalisten und von VIPs zu managen. Campedelli stand schließlich auch vor Gericht. Ihm wurde von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, selbst fünf Millionen aus dem Etat für seine privaten Zwecke abgezweigt zu haben.

Außerdem soll er die Positivseite der Bilanzen aufgebläht haben, durch Höherschreiben des Werts einzelner Spieler, um regelmäßig doch noch eine Lizenz für den eigentlich schwer verschuldeten Klub zu erhalten. Das ist gängige Praxis in Italien. Namensvetter Luca Campedelli ist wegen des gleichen Vergehens aktuell als Präsident des Erstligaklubs Chievo Verona angeklagt. Cesenas Campedelli hatte den Spielern und Angestellten wenigstens noch brav die Gehälter bezahlt. Der Klub hatte die Saison auch zu Ende gespielt und sportlich den Abstieg vermieden.

Streik der Spieler

In Modena, nur etwa 120 Kilometer über die Autobahn nach Bologna entfernt, gelang dem dortigen Präsidenten Antonio Caliendo nicht einmal das. Dabei ist Caliendo durchaus ein Fußballkenner. Er war Berater von Fußballgrößen wie Carlos Dunga, Roberto Baggio und David Trezeguet. Zwei Jahre gehörte ihm auch der englische Klub Queens Park Rangers – den er später an die Formel-1-Tycoon Flavio Briatore verkaufte. Beim Drittligaklub Modena brachte er aber nicht einmal das Geld auf, Spieler und Angestellte ordnungsgemäß zu bezahlen.

Das Chaos hat drei Ursachen: schlechtes Management, zu hohe Kosten und faule Tricks

Wegen aufgelaufener Schulden zog die Stadt zudem die Nutzungsgenehmigung für das Stadion zurück. Gleich zu Beginn der Saison 2017/18 traten deshalb die Spieler in den Streik – und wurden dabei sowohl von den eigenen Fans wie von der Spielergewerkschaft AIC unterstützt. Nach vier Spielen, zu denen Modena nicht antrat, war Schluss. Das Reglement sieht einen Ausschluss bei vier verpassten Matches vor. Modena beendete die Saison, ohne einziges Spiel gespielt und ein einziges Tor geschossen zu haben. Die Truppe hatte nicht einmal eines kassiert.

Firmengeflecht in Steuerparadiesen

Caliendos Beispiel – er hatte den Klub über ein Geflecht von Firmen aus den Steuerparadiesen Luxemburg und Jungferninseln gemanagt – sorgte in diesem Sommer für ein Aufwachen.

Die Besitzer der – Stand jetzt – wirtschaftlich potenteren Klubs wehrten sich dagegen, dass die durch die Pleitevereine Cesena und Bari sowie den ebenfalls in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Klub aus Avellino freigewordenen drei Plätze der Serie B durch Nachrücker besetzt werden. Um diese Plätze balgten sich die vier Serie B-Absteiger sowie Catania, das den Aufstieg von der Serie C sportlich nicht geschafft hatte und so noch zum Zuge zu kommen hoffte.

Gegen solche juristischen Aufstiegsmanöver setzten sich 13 Klubs der Serie C zur Wehr. Sie kündigten ihrerseits Streik an, sollten wirtschaftliche und sportliche Wackelkandidaten noch nachträglich aufgenommen werden. Denn nicht nur der Kampf um die Plätze oben hat Auswirkungen auf die Zusammensetzung der drei Serie C-Staffeln. Für die durch Bankrott frei gewordenen Plätze in der Serie C brachten sich gleich zehn sportlich nicht qualifizierte Teams ins Spiel. Unter ihnen waren pikanterweise auch die beiden wirtschaftlich gescheiterten Serie-B-Klubs aus Bari und Avellino.

Die Streikdrohung hat immer noch Bestand. Zwar bestätigte der italienische Fußballverband inzwischen das 19er Format der Serie B. Wer eine Klasse tiefer spielen darf, wird aber erst am 22. August auf der Vollversammlung der Lega Pro entschieden. Planungssicherheit für die kommende Saison sieht jedenfalls anders aus.

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