Windkraft aus Eimern

Vor Borkum sollen Windräderfundamente mit einer neuen, geräuscharmen Technik installiert werden. Das könnte den lärmbelasteten Schweinswalen helfen. Naturschützer äußern Lob, aber auch Kritik

Ohrenbetäubend: Bei der Installation dieser herkömmlichen Windradfundamente entsteht Lärm wie bei startenden Düsenjets Foto: Stefan Sauer/dpa

Leiser unter Wasser: In der Nordsee sollen neue Fundamente für Windräder im kommerziellen Betrieb erprobt werden, die ohne Rammarbeiten und Lärm für die empfindlichen Schweinswale auskommen. Der kanadische Energiekonzern Northland Power, der 95 Kilometer nordwestlich von Borkum weit draußen auf dem offenen Meer den Windpark „Deutsche Bucht“ mit 31 Turbinen baut, wird zwei zusätzliche Windräder auf Saug­eimer-Fundamenten (Suction Buckets) errichten. Eine entsprechende Genehmigung durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) liegt seit Mai vor. Die Arbeiten sind für das 2. Quartal 2019 geplant.

Die beiden „Eimer“ in dem Windpark sind 61 Meter hohe Stahlkonstruktionen mit einem Gewicht von 1.100 Tonnen. An ihrem unteren Ende bilden sie einen offenen Zylinder mit einem Außendurchmesser von 19 Metern. Der Zylinder wird auf dem Meeresboden aufgesetzt und das Wasser herausgepumpt. Durch den Unterdruck und sein Eigengewicht gräbt sich das Fundament bis zu 18 Meter tief in den Meeresboden. Darauf kommen ein Zwischenstück und die Windturbine.

Bislang ist die meistverbreitete Technik, die schweren Stützpfeiler, welche die Windräder tragen, im Meer zu verankern. Der Stahlträger wird mit einem hydraulischen Hammer in den Meeresboden getrieben. Bei jedem Rammstoß entsteht Lärm von mehr als 180 Dezibel, deutlich mehr als bei einem startenden Düsenjet. Der Stoß ist unter Wasser noch in mehreren Kilometern Entfernung wahrzunehmen. Vor allem die empfindlichen Schweinswale, die sich unter Wasser mit ihrem sensiblen Sonarsystem orientieren, können dadurch schweren Schaden nehmen.

Fast 1.200 Windkrafträder wurden allein in der deutschen Nordsee auf diese Art errichtet, doppelt so viele werden noch folgen. Strenge Grenzwerte und verschiedene Maßnahmen – zum Beispiel Blasenschleier, also Schläuche, die rund um die Lärmquelle im Wasser Schleier aus Luftblasen produzieren – sollen den Geräuschpegel möglichst gering halten. Doch zu dem Baulärm kommt Krach aus den Schiffsmotoren, durch die Verlegung von Kabeln auf dem Meeresgrund und das Sonar der Schiffe. „Die Meeressäuger finden kaum noch ruhige Gebiete zur Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung“, sagt Kim Cornelius Detloff, Meeresschutz-Experte der Umweltorganisation Nabu.

Der Saugeimer-Versuch findet den Beifall der Naturschützer, sie aber kritisieren: „Das Problem sind die langen Planungszeiten von mehreren Jahren, während derer auch die Fundamente schon bestellt werden“, sagt Detloff. Deshalb werden auch im Windpark „Deutsche Bucht“ nur zwei Bonus-Windräder über die eigentliche Genehmigung hinaus mit der neuen Technologie gebaut, die übrigen 31 Anlagen mit herkömmlicher Technik.

Vattenfall baut vor Schottland bereits einen kleineren Windpark komplett mit Suction Buckets. Der dänische Energiekonzern Ørsted hat im Windpark „Borkum Riffgrund 2“ bei 20 von 56 Fundamenten diese Technologie genutzt. Beide brauchen allerdings drei Beine für das Fundament. Im Windpark „Deutsche Bucht“ wird weltweit zum ersten Mal nur ein Pfeiler genutzt. Das verringere auch die Kosten, heißt es von Northland Power. (dpa)