Weniger parken –
mehr wohnen

In der Altstadt wird ein Parkhaus abgerissen. Stattdessen soll geförderter Wohnraum entstehen. Einen Wendepunkt aus stadtplanerischer Sicht sehen Experten nicht

In Hamburg gibt es viele freie Parkplätze, aber kaum freie Wohnungen Foto: Christian Carisius/dpa

Von André Zuschlag

Parkplätze weg, Wohnungen her – in der Hamburger Altstadt soll ein Parkhaus abgerissen werden und an dessen Stelle Wohnungen gebaut werden. Nachdem bereits die zuständigen Behörden dem Vorhaben zugestimmt haben, fordern SPD und Grüne in der Bezirksversammlung nun sogar, dass die neuen Wohnungen vollständig sozialgefördert werden.

Das Parkhaus in der Neuen Gröningerstraße mit seinen rund 2.000 Quadratmetern hat 550 Parkplätze, ausgelastet ist es selten. Vom grauen Betonklotz, der in den 1960ern gebaut wurde, blättert bereits der Putz. Bisher noch im Besitz der städtischen Sprinkenhof GmbH, soll die Stadt den Verkauf bewerkstelligen und dabei klare Bedingungen für den Neubau vorgeben. „Wir wollen ein günstiges Quartier“, sagt Tobias Piekatz, SPD-Abgeordneter der Bezirksversammlung.

Denn dass sich an der Wohnsituation in der Altstadt etwas tun muss, ist unbestritten. Gerade einmal 2.700 Menschen leben hier, geprägt ist der Stadtteil von Büro- und Gewerbeflächen – und vom Autoverkehr. Die Willy-Brandt-Straße gehört zu den meistbefahrenen Straßen im Stadtgebiet. Die Initiative „Altstadt für alle“, vergangenes Jahr gegründet, hatte bereits die Entvölkerung zugunsten des motorisierten Verkehrs beklagt und deshalb die Idee der Umwandlung von Parkhäusern ins Spiel gebracht. Tenor: Parkhäuser seien mittlerweile völlig von gestern und ein Sinnbild der Vorstellung einer autogerechten Stadt.

Dass die neu entstehenden Wohnungen dringend preislich gedeckelt sein müssen, zeigen die umliegenden neu gebauten Wohnungen. In direkter Umgebung wurden im Katharinen-Quartier und auf der Cremon-Insel zwar neue Wohnblöcke hochgezogen, aber preislich ist das für die wenigsten Menschen in Hamburg erschwinglich.

„Für Bürger*innen mit unteren und mittleren Einkommen ist das schlicht nicht finanzierbar“, sagt Piekatz. Allerdings würde das neue Wohnprojekt auch deutlich kleiner als die anderen beiden werden. Gibt es im Katharinen-Quartier mittlerweile rund 170 Wohnungen und auf der Cremon-Insel sogar 180, sollen in der Neuen Gröningerstraße 60 bis 70 Wohnungen entstehen. Auf einem Nachbarschaftstreff besteht die Bezirksversammlung auch.

Doch darüber hinaus: Das Projekt als Maßnahme gegen den Autoverkehr zu betrachten, ist abwegig. Die verlorenen Parkplätze sollen zum Teil durch eine Vergrößerung des nahegelegenen Parkhauses in der Große Reichenstraße ausgeglichen werden. Die Aufstockung dort allerdings, so fordern es Grüne und SPD, soll mit einer Begrünung der Fassade einhergehen.

„Den Autoverkehr werden wir dadurch nicht groß beeinflussen“

Tobias Piekatz, SPD-Abgeordneter der Bezirksversammlung Mitte

„Den Autoverkehr werden wir dadurch nicht groß beeinflussen“, weiß auch SPD-Mann Piekatz. Das sieht auch Michael Koch, Professor für Stadtplanung an der Hafencity-Universität, so. Zwar handele es sich hier aus stadtplanerischer Sicht um ein interessantes Projekt. „Es als Wende in der Verkehrspolitik zu diskutieren, da wäre es sinnvoll zu schauen, ob tatsächlich die Gesamtzahl öffentlicher Parkplätze zurückgehen“, sagt Koch.

Tatsächlich passiert hier bisher wenig. Klar, knapp 8.000 neue Wohnungen wurden im vergangenen Jahr fertiggestellt, viele davon in Form von Nachverdichtung. Gegen steigende Mieten sei der Neubau die beste Maßnahme, findet die SPD. Dabei kommt die Umwandlung von bereits bebauten, aber unnötigen Flächen nur stockend voran. Viele wenig ausgelastete Parkhäuser gibt es noch in Innenstadtnähe, dutzende einstöckige Hinterhofgaragen im gesamten Stadtgebiet.

Wie viel Fläche in der Stadt dem Auto vorbehalten ist, weiß allerdings niemand so genau. Nicht einmal die Zahl der öffentlichen Parkplätze ist bekannt. Offiziell allerdings sind in den vergangenen sechs Jahren, insbesondere durch den Ausbau von Fahrradwegen, knapp 2.000 Plätze verschwunden, was bereits die CDU auf den Plan rief. Diese allerdings, heißt es bei der Verkehrsbehörde, dürften durch den Bau privater Parkplätze locker ersetzt worden sein. Dennoch: Von Naturschützern gibt es für dieses Projekt durchaus Lob. Mit der Volksinitiative „Hamburgs Grün erhalten“ fordern sie bereits seit Monaten, auf innerstädtische Nachverdichtung statt auf neues Bauland im Grünen bei der Wohnungsnot zu setzen.