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: Sprengstoffdrohnen greifen Venezuelas Präsidenten an

Nicolás Maduro hält eine öffentliche Rede, als Unbekannte einen bewaffneten Flugkörper auf ihn jagen. Eine Gruppe von „Flanell-Soldaten“ bekennt sich über Twitter zu dem Anschlag

Das Neue

Auf Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro ist augenscheinlich ein Anschlag verübt worden. Mit Sprengstoff beladene Drohnen seien auf den Präsidenten zugeflogen, als dieser eine Rede vor Nationalgardisten halten wollte, berichtete Informationsminister Jorge Rodríguez. Livebilder vom Samstag bestätigen den Vorfall. Sie zeigen Maduro neben seiner Frau Cilia Flores und ranghohen Militärs zu Beginn seiner Rede. Plötzlich bricht die Tonübertragung ab, die Köpfe der Versammelten richten sich zum Himmel. Nach einem Schnitt sind Hundertschaften der Nationalgarde zu sehen, die nach allen Seiten davonrennen, während Stimmengemurmel von der Bühne und eine Detonation zu hören sind. Mindestens sieben Nationalgardisten wurden den Angaben zufolge verletzt, unklar ist, ob durch die Explosion oder bei der Flucht vom Ort des Geschehens.

Der Kontext

Mitte Mai war Nicolás Maduro in einer umstrittenen Wahl für weitere sechs Jahre im Präsidentenamt bestätigt worden. Venezuela, der reiche Ölstaat, steckt seit Jahren in einer extremen Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend Nahrungsmitteln und Medikamenten ist schon lange nicht mehr gewährleistet. Während die Wirtschaftsleistung jährlich im zweistelligen Bereich schrumpft, erreicht die Inflationsrate immer neue, schwindelerregende Rekordhöhen. Die Folge ist ein anhaltender Massenexodus vor allem junger VenezolanerInnen in die unmittelbaren Nachbarländer Kolumbien und Brasilien.

Die Reaktionen

Maduro meldete sich kurz nach dem Vorfall zu Wort: „Ich hege keine Zweifel, dass dahinter ultrarechte Kreise in Venezuela gemeinsam mit ultrarechten Kräften Kolumbiens und Juan Manuel Santos stecken.“ Für die Beschuldigung des in wenigen Tagen aus dem Amt scheidenden kolumbianischen Präsidenten Santos legte er keinerlei Belege vor.

Über Twitter bekannte sich eine bis dahin unbekannte Gruppe namens „Nationale Bewegung von Flanell-Soldaten“ zu dem Anschlag. „Es ging darum, zwei Drohnen mit (Sprengstoff) C4 zum Podest des Präsidenten zu fliegen, aber Scharfschützen der Ehrenwache schossen die beiden Drohnen ab“, twitterten die angeblichen Attentäter, die sich als „patriotische Militärs und Zivilisten“ bezeichnen. Und weiter: „Wir haben gezeigt, dass sie verwundbar sind, heute ist es nicht gelungen, aber das ist nur eine Frage der Zeit.“

Eine ganz andere Erklärung lieferte die örtliche Feuerwehr: Nach ihrer Darstellung war in der Nähe ein simpler Gastank explodiert.

Die Konsequenz

Schon mehrfach hat Maduro von gegen ihn gerichteten Attentatsplänen gesprochen, ohne je konkrete Beweise dafür vorzulegen. Dass er jetzt die venezolanische Armee in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, spielt bei der ohnehin weitreichenden Militarisierung der Gesellschaft kaum noch eine Rolle. DieTV-Bilder der in Panik geratenen Nationalgardisten zeigen jedoch, wie blank die Nerven bei den Militärs liegen.

Jürgen Vogt, Buenos Aires