Tim Caspar Boehme
hört auf den Sound der Stadt
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Berlin schlägt Alarm. Im Radialsystem jedenfalls heißt es dieser Tage wieder „A l’arme!“ beziehungsweise so heißt dort das Festival für Musik mit mehr oder weniger Improvisations-, mehr oder weniger Jazz- und mehr oder weniger Lärmanteilen. Zwei Musiker, die einiges von diesen Grundzutaten in ihrem Ansatz beherzigen, sind die Italiener und Wahlberliner Andrea Belfi und Valerio Tricoli. Die kann man am Donnerstag gleich zum Auftakt eines dieser sehr langen Set-Marathons erleben, mit Klängen von elektronischen Instrumenten (Belfi, Tricoli) und vom Schlagzeug (Belfi). Beide haben dabei stets einen hohen Geräuschanteil im Gepäck, besonders Tricoli arbeitet bevorzugt mit Umweltaufnahmen. Das Material wird aber nicht unkontrolliert auf das nichtsahnende Publikum losgelassen, sondern sorgsam geschichtet, geformt und bearbeitet. Gute Sache. Und das ist erst der Anfang des Tages. Bis einschließlich Samstag wird noch auf Französisch zu den Waffen gerufen (Holzmarktstr. 33, 18 Uhr, 29,60/23 €).

Den Sound nicht bloß der Stadt, sondern fast gleich der ganzen Welt, zumindest einer Reihe von Städten und Orten, kann man am selben Abend bei Echo Bücher auf und in die Ohren bekommen. „Around the World in 80 Minutes“ heißt das Programm des Musikers und Klangkünstlers Niki Neecke. Seine Audioerinnerungen, die er über fünf Jahre lang auf Reisen rund um die Welt zusammengetragen hat, bekommt man jetzt als mutmaßlich achtzigminütige Soundscape zu hören. Binaural, für einen räumlichen Eindruck. Es wird gebeten, eigene Kopfhörer mitzubringen. So ist das heutzutage also (Grüntaler Str. 9, 20 Uhr).

Und was macht der Krautrock gegenwärtig? Nimmt man etwa das über das Bundesgebiet verstreute, vornehmlich aber in Saarlouis angesiedelte Kollektiv Datashock, dann geht es dieser bleibenden Errungenschaft von Hippiedeutschland immer noch bestens. „Kräuter der Provinz“ haben sie ihr aktuelles Album benannt, das die Sache herrlich auf den Punkt bringt. Musikalische Trips mit langanhaltenden Wiederholungsmustern beherrschen die Musiker ganz famos, lassen sich auf die eine oder andere abwegige Idee ein, erwecken jedoch den Eindruck eines grundlegenden Wohlwollens den Tönen gegenüber – und den Menschen, die das hören sollen. Am Montag zum Beispiel im Bei Ruth. Freigeistige Spiele mit seinem Instrument (Cello) und allerhand anderen Gerätschaften pflegt auch der in Berlin ansässige Improvisationsmusiker Ansgar Wilken, der vorab aufspielen wird. Also bitte nicht erst für die Hauptband erscheinen (Ziegrastr. 11–13, 21 Uhr).