Repression bei Anti-AfD-Protest: Hundekot und Demokratie

KünstlerInnen kommentieren einen AfD-Aufmarsch mit Bildern und Scherzartikeln. Die Polizei sieht darin eine Gefahr für die Versammlungsfreiheit.

Polizisten überkleben Schrift an einer Säule

Beim sogenannten Frauenmarsch schützt die Polizei die Teilnehmer vor sichtbarer Kritik Foto: dpa

Kann die plakative, künstlerische Mitteilung einer Meinung am Rande einer Demonstration eine ähnliche Wirkung wie Blockadeversuche entfalten und von der Polizei entsprechend behandelt werden?

Mit dieser Frage beschäftigt sich die Innenverwaltung anlässlich von Protesten gegen eine AfD-Veranstaltung. Personen aus dem Umfeld der Kreuzberger Musikalischen Aktion (KMA), ansässig auf der Route des sogenannten Frauenmarsches im Juni, hatten Bilder des AfD-Politikers Bernd Höcke und Hundekotimitate auf dem Weg ausgelegt. Die Polizei stellte die Gegenstände sicher, genauso wie weitere Plakate in den Räumen der KMA. Die Innenverwaltung begründet dieses Vorgehen damit, dass die Ausübung der Kunstfreiheit der international preisgekrönten KMA hier unzulässig mit der Versammlungsfreiheit der AfD-Anhänger kollidiert und deshalb unterbunden wurde.

Die Grünen-Abgeordnete June Tomiak stellt dazu grundsätzlich fest: „Proteste gegen Nazis zeichnen sich dadurch aus, dass sie erkennbar gegen Nazis sind.“ Sie reagiert mit Unverständnis auf die Erklärungsversuche der Verwaltung. In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage Tomiaks wird wie schon bei der Sicherstellung von antifaschistischen Fahnen der Grünen Jugend am selben Tag von der Polizei mit Gefahrenabwehr argumentiert.

Inwieweit das öffentliche Zeigen von Höcke-Bildern und Hundekot geschmacklos oder künstlerisch wertvoll ist, sei dahingestellt. Ob die AfD damit in ihrem verfassungsgemäß garantierten Versammlungsrecht ernstlich beschränkt wurde, versucht die Antwort aber ausführlichst zu begründen. So heißt es, dass die „gewählten Abbildungen […] in Verbindung mit dem Imitat von Hundekot […] geeignet wären, gefahrenbegründete Reaktionen durch Interessenkollision zu provozieren“.

Die KMA soll demnach einen rassistisch motivierten Aufmarsch durch ihren Kiez, eine absichtliche Provokation also, duldsam hinnehmen. Sonst werden sie zu Störern gemacht. „Dass die Polizei der Meinung zu sein scheint, jeglichen sichtbaren Protest unter Hinweis auf eine etwaige Gefahrenabwehr unterbinden zu müssen, ist mehr als fragwürdig. Gegenprotest wird so unmöglich gemacht“, erklärt June Tomiak dazu.

Was wir daraus lernen, ist: Kontextabhängig kann selbst ein Hundehaufen über sich hinauswachsen und zum Ausdruck kritischer Öffentlichkeit werden, mithin zum Symbol der Demokratie. Möge er hochleben! Und lang.

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