Andreas Speit
Der rechte Rand
: Warum der Rechtsrock immer noch Zulauf hat

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Der Sound der rechten Szene ist längst nicht mehr nur der klassische Rechtsrock – lautes Gegröle und einfacher Rhythmus. Hip-Hop und Rap sind in. In der Szene boomen dennoch Rechtsrockkonzerte und Liederabende. Die alten Stars bekommen immer noch eine Bühne und haben ein Publikum.

Alleine 2017, wie eine Anfrage der Linken im Bundestag offenbart, fanden bundesweit 289 Rechtsrockevents statt – am häufigsten in Thüringen und Sachsen. Niedersachsen liegt mit zehn Veranstaltungen auf Platz 4 in der Statistik, weit vor Mecklenburg-Vorpommern mit drei und Schleswig-Holstein mit einem Konzert. In Hamburg und Bremen registrierte das Bundesinnenministerium keine Veranstaltung.

Das Ministerium ordnet aber auch nicht alle Events einem Bundesland zu – aus Furcht, durch Ortsangaben könnten V-Männer als Hinweisgeber enttarnt werden. Zudem gibt es ein Dunkelfeld: Rechtsrockexperten bei Beratungsstellen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus beobachteten in ihren Regionen mehr Events als die Behörden bemerkten.

„Die Szene ist selbstbewusster geworden“, stellt der Rechtsrockexperte Jan Raabe fest. Besonders die Zahl der Liederabende sei bundesweit gestiegen – von 71 Abenden 2016 auf 105 Kleinstkonzerte im vergangenem Jahr. Diese Events seien einfacher zu organisieren als Band-Konzerte, vermutet das Bundesamt für Verfassungsschutz.

Bis heute haben sich drei Organisationsformen in der Szene fest etabliert, merkt Raabe an, der mehrere Studien zu Rechtsrock publiziert hat. Erste Variante: Die Musikevents werden mit Parteiveranstaltungen verbunden, was Rechtssicherheit schafft. Zweite Variante: Die Konzerte werden ganz als Events bei den Verwaltungen und Behörden angemeldet. Unter Auflage können dann auch Eintrittsgelder eingenommen werden. Dritte Variante: Das Konzert wird bei der Raumanmietung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen als Geburtstagsparty oder Junggesellenabend etikettiert.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Die aktuelle Attraktivität der Rechtsrockkombination Politik, Alkohol, Aggression und Party geht nach Ansicht Raabes nicht auf einen neuen Fanzulauf zurück. Auf den Konzerten seien viele Besucher im Alter von 30 bis 50 Jahren, sagt er. Vor ein paar Jahren wären diese Anhänger mit höherem Alter einfach leise ausgestiegen. Heute sind sie weiterhin in der Szene. Sie brächten Privatleben, Beruf und Familie überein mit ihren politischen Aktivitäten. Aus Sicht Raabes birgt das eine neue Gefahr, verfügen diese Rechtsrockanhänger doch über Geld, Einfluss und Aktionserfahrung.