Vorbildliche Solidarität

Im Botanischen Garten hatte ein beharrlicher Arbeitskampf Erfolg: Tochterfirma wurde aufgelöst

Von Uta Schleiermacher

Mit Beharrlichkeit und Solidarität: So haben die Mitarbeiter*innen im Botanischen Garten ihre Forderungen nach gerechterer Bezahlung schließlich durchgesetzt. Etwa zehn Jahre lang war ein Drittel bis die Hälfte der Beschäftigten in den Gewächshäusern und Blumenbeeten von Dahlem nämlich weit schlechter bezahlt worden als der Rest. Und das, obwohl sie dort teilweise gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichteten. So standen sie als Kolleg*innen im selben Schichtplan. Aber während der eine Techniker gerade mal den Mindestlohn bekam, verdiente sein nach dem Tarifvertrag der Länder bezahlter Kollege rund fünf Euro mehr pro Stunde – und hatte zudem eine bessere Rentenversicherung, besseren Kündigungsschutz und regelmäßige Lohnsteigerungen.

Die Hälfte „outgesourct“

Möglich war diese Zweiklassengesellschaft durch die 2007 extra zu diesem Zweck gegründete Tochterfirma „Betriebsgesellschaft Botanischer Garten und Botanisches Museum“, in die ein Teil der Mitarbeiter*innen ausgelagert – neudeutsch outgesourct – worden war. Zeitweise war damit die Hälfte der rund 140 Beschäftigten des Botanischen Gartens nicht mehr direkt bei der Freien Universität (FU) angestellt.

Die Gewerkschaft Verdi rechnete damals aus, dass Angestellte der Betriebsgesellschaft alles in allem bis zu 72 Prozent weniger verdienten als die direkt bei der FU angestellten Mitarbeiter*innen. Neben dem geringeren Gehalt ­waren sie auch in Bezug auf ihre Arbeitnehmer*innenrechte schlechter gestellt als ihre Kolleg*innen mit FU-Verträgen.

Mit Steuern finanziert

Und all das eben nicht in der Privatwirtschaft, sondern in einem landeseigenen, durch Steuern finanzierten Betrieb, kritisierten Verdi und Betriebsrat gleichermaßen. „Lohndumping unter Palmen“ sei das, schimpften die kämpferischen Mitarbeiter*innen. Sie organisierten Kundgebungen und streikten. Bei großen Veranstaltungen im Botanischen Garten wie den Tropischen Nächten, dem Staudenmarkt oder der Halloweenparty machten sie die Besucher*innen mit Flyern und Plakaten auf ihren Arbeitskampf aufmerksam. Druck kam schließlich auch von den FU-Student*innen und aus der Politik. Aktivist*innen entrollten im April 2016 ein Banner gegen Lohndumping vom Dach eines Gewächshauses.

Guter Zusammenhalt

Diesem beharrlichen Protest verdanken die Beschäftigten, dass seit dem 1. Januar 2018 wieder alle Angestellten des Botanischen Gartens nach dem Tarifvertrag der Länder bezahlt werden und die Tochtergesellschaft aufgelöst ist. Weil sie zusammenhielten, konnten sie ihre Forderungen weitgehend so umzusetzen, wie sie sich das vorgestellt hatten.

Sie streikten, als die Betriebsgesellschaft plante, Reinigung, Technik und Besucherservice noch weiter auszulagern und an eine andere Firma zu vergeben, und sie ließen sich nicht auf Lösungen ein, bei denen ein Teil der Reinigungskräfte ihre Jobs verloren hätten. Außerdem setzten sie durch, dass die Techniker*innen auch nach der Auflösung der Tochterfirma vor allem im Botanischen Garten eingesetzt werden und nicht in die weitaus größere Gruppe der Techniker*innen an der FU eingegliedert wurden. Bis zum Ende forderten sie eine direktere betriebliche Mitbestimmung.

Letztlich ging es im Botanischen Garten um 50 bis 70 Mitarbeiter*innen. Dass sie nun nach Tarif bezahlt werden, kostet die FU nach Schätzungen von Verdi jährlich rund 1,3 Millionen Euro mehr. Eigentlich ein kleiner Posten im großen Landeshaushalt. Doch der Erfolg der Belegschaft im Botanischen Garten stellt das ganze System in Frage, nach dem auch andere Berliner Landesbetriebe ihre Angestellten in Tochterfirmen ausgliedern, um Geld zu sparen.