Selbst zweistöckige Häuser sind unter der Asche begraben

Der Ausbruch des Feuervulkans in Guatemala fordert immer mehr Menschenleben. Ohne jede Vorwarnung konnten sich viele AnwohnerInnen der umliegenden Dörfer nicht in Sicherheit bringen

Ein Feuerwehrmann in den zu Asche gewordenen Resten einer der betroffenen Ort­schaften Foto: Rodrigo Abd/dpa/ap

Von Bernd Pickert

Der Ausbruch des Volcán de Fuego (Deutsch: Feuervulkan) im mittelamerikanischen Gua­te­mala fordert immer mehr Menschenleben. Seit dem ersten Ausbruch am vergangenen Sonntag sind bislang 75 Leichen geborgen worden, fast 200 Menschen werden vermisst. Nur 23 Tote konnten zunächst identifiziert werden, da viele der Opfer bis zur Unkenntlichkeit verbrannt sind.

Auf den Ausbruch am vergangenen Sonntag folgten mehrere sogenannte pyroklastische Ströme. Diese entstehen durch Explosionen im Inneren, die so dichte Asche- und Gaswolken erzeugen, dass sie sich trotz großer Hitze nicht in die Höhe erheben, sondern lawinenartig mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 Stundenkilometern und einer Hitze von bis zu 700 Grad den Berg herabstürzen – viel schneller als Lava.

Für viele Menschen in den umliegenden Ortschaften kam jede Rettung zu spät. Die vier Dörfer El Rodeo, La Reina, La Libertad und San Miguel Los Lotes sind nahezu vollständig zerstört, selbst zweistöckige Häuser sind vollends unter der Asche begraben. Mindestens 3.200 Menschen sind obdachlos geworden, viele sind vorübergehend in Notunterkünften untergebracht.

Aber der Vulkan produzierte auch leichtere Aschewolken, die bis zu 10.000 Meter hoch aufstiegen. Der Flughafen der Hauptstadt Guatemala-Stadt muss­te am Sonntag geschlossen werden und konnte erst am Montag wieder öffnen.

Am Dienstag brach der Vulkan ein zweites Mal aus – die vor Ort anwesenden Helfer und Rettungskräfte mussten fliehen. Ihre Chancen allerdings, jetzt noch auf Überlebende zu stoßen, sind ohnehin gering. Spektakuläre Rettungsaktionen, per Handy gefilmt, wurden zwar auf sozialen Netzwerken oft angesehen, blieben aber im realen Leben die Ausnahme.

Guatemalas Präsident Jimmy Morales ließ zwar nach den Toten vom Sonntag drei Tage Staatstrauer erklären, sah sich jedoch zunächst außerstande, den Betroffenen schnell und effektiv zu helfen. Er verlangte vom Parlament die Erklärung des Katastrophenfalls für drei betroffene Regionen – nur dann könnten rasch zusätzliche Mittel bereitgestellt werden, heißt es.

Der 3.763 Meter hohe Feuervulkan rund 35 Kilometer südwestlich von Guatemala-Stadt ist einer der aktivsten in ganz Lateinamerika. Er war zuletzt 1974 ausgebrochen, doch schon seit einigen Monaten hatte er neue Aktivität gezeigt. Präzise Vorwarnungen vor dem Ausbruch an die betroffenen Gemeinden gab es dennoch nicht. An­woh­ne­rInnen berichteten den örtlichen Medien, die Menschen hätten panisch versucht, vor den heranrollenden Lava- und Aschemassen zu fliehen, manche mit dem Auto, viele zu Fuß.

Wenn auf Asche jetzt noch Regen kommt, könnten weitere Schlammlawinen entstehen

Die internationale Nothilfeorganisation „Aktion gegen den Hunger“ wies am Mittwoch auf eine akute Trinkwasserknappheit in der Region hin. „Überall da, wo die Asche hinweggefegt ist, gibt es kein Wasser mehr“, sagte die Mitarbeiterin Sylvie Ahrens-Urbanek dem Evangelischen Pressedienst. Die Quellen seien versiegt, die Brunnen voller Asche.

Noch ist keinesfalls sicher, dass nicht weitere Ausbrüche des Vulkans folgen. Zudem herrscht derzeit Regenzeit in Guatemala, und starke Niederschläge auf den Aschemassen könnten auch bislang nicht unmittelbar betroffene Ortschaften in giftigem Schlamm versinken lassen. Sechs weitere Dörfer wurden bereits evakuiert.

Inzwischen hat Guatemala aus zahlreichen Ländern, auch aus Deutschland, internationale Hilfe angeboten bekommen. Die Caritas hat drei Notunterkünfte eingerichtet, auch andere Hilfsorganisationen sind vor Ort.