Von Urkunden und beglaubigten Abschriften

Wer in Deutschland heiraten will, muss sich auf Papierkram einlassen. Schwierig ist das für Menschen, die keine Papiere mehr haben

Von Andrea Maestro

Wer einen Personalausweis besitzt, ist Deutscher. Warum reicht es also nicht, beim Standesamt den Perso vorzuzeigen, um sich trauen zu lassen?

Die Standesämter verlangen nicht nur eine Geburtsurkunde, sondern eine beglaubigte Abschrift aus dem Geburtenregister. Darin stehen alle wichtigen Informationen über die Person, die heiraten möchte – zum Beispiel, ob sie adoptiert wurde. In Deutschland sind Ehen zwischen Verwandten in gerader Linie, also etwa Eltern und Kindern oder zwischen Geschwistern verboten. Die Standesämter schließen damit aus, dass die Verlobten eng verwandt sind und davon im Zweifel gar nichts wussten.

Warum muss man den Auszug aus dem Geburtenregister selbst besorgen, wenn man in einer anderen Kommune heiratet?

Die Standesämter sind untereinander bisher nicht vernetzt. Seit der Änderung des Personenstandsgesetzes im Jahr 2009 werden nach und nach alle Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden in den Standesämtern digitalisiert. Diese Nacherfassung der Dokumente dauert allerdings noch immer an.

Wie kann ein Mensch, der keine Papiere mehr besitzt, in Deutschland heiraten?

Die Standesbeamten fordern die Heiratswilligen zunächst auf, doch irgendwie die Unterlagen, wie etwa eine Geburtsurkunde, zu beschaffen. Das geht zum Beispiel mit der Hilfe von Verwandten oder Bekannten, die noch im Heimatland leben oder durch beauftragte Rechtsanwälte – auf eigene Kosten. Oft können noch Dokumente beschafft werden.

Wie werden die Urkunden anerkannt?

In einigen Ländern, zum Beispiel Syrien, ist eine sogenannte Legalisation der Unterlagen Pflicht. Deutsche Konsulate und Botschaften prüfen die Echtheit der Unterschrift, die Eigenschaft, in welcher der Unterzeichner der Urkunde gehandelt hat, und gegebenenfalls die Echtheit des Siegels, mit dem die Urkunde versehen ist.

Und wenn die Geburtsurkunde nicht aufzutreiben ist?

Dann kommt es auf den Einzelfall an. Die Frage ist, welche Dokumente vorliegen, auf die sich das Standesamt ersatzweise beziehen kann. Wenn keinerlei Papiere vorhanden sind und die Verlobten nachweisen können, dass sie sich darum bemüht haben, die Dokumente zu beschaffen (etwa über eine Botschaft), gibt es noch einen weiteren Weg. Die Betroffenen können zwei Zeugen benennen, die bestätigen, dass sie diejenigen sind, die sie behaupten zu sein. Eine Hochzeit ist also auch ohne Geburtsurkunde nicht vollkommen ausgeschlossen.

Ist das in allen EU-Staaten gleich?

In Dänemark müssen Paare keine Geburtsurkunden vorlegen, wenn sie heiraten möchten. Es hat sich deshalb ein Hochzeitstourismus in das Land entwickelt.

Warum erkennt Deutschland Ehen, die in Dänemark geschlossen wurden, an?

Auf europäischer Ebene gibt es ein Abkommen zwischen den Staaten, das regelt, dass Heiratsurkunden EU-weit anerkannt werden. Daran ist auch Deutschland gebunden.

Warum müssen Ausländer ein Ehefähigkeitszeugnis vorlegen, wenn sie in Deutschland heiraten wollen?

Die deutschen Standesämter prüfen mit diesem Dokument, dass im Herkunftsland der Betroffenen kein Grund dafür vorliegt, dass die Ehe nicht geschlossen werden kann. Ein Hindernis kann zum Beispiel sein, dass die betroffene Person bereits verheiratet ist, aber auch ein höheres Mindestalter für eine Eheschließung im Herkunftsland.

Was passiert, wenn ein Land keine Ehefähigkeitszeugnisse ausstellt?

Dann prüft stellvertretend ein Oberlandesgericht, ob die Vorgaben des Herkunftslandes erfüllt sind.