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: Kabinett vertagt Kohlekommission erneut

Auf Wunsch der CSU wurde die geplante Einsetzung des Gremiums kurzfristig von der Tagesordnung genommen. Vorläufige Mitgliedsliste enthält diverse KlimaexpertInnen

Das Neue

Anders als angekündigt, hat das Bundeskabinett am Mittwoch die geplante Kohlekommission nicht eingesetzt. „Bei der Personalliste sind noch wenige Fragen final abzustimmen“, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums zur Begründung dafür, dass das Thema kurzfristig von der Tagesordnung genommen wurde. Nach Angaben aus Regierungskreisen war es Innenminister Horst Seehofer (CSU), der seine Zustimmung verweigerte, weil er noch Klärungsbedarf bei einzelnen der designierten Mitglieder sah.

Auf der vorläufigen Liste der TeilnehmerInnen, die der taz vorliegt, finden sich neben den bereits im Vorfeld bekanntgewordenen Vertretern von Industrieverbänden, Gewerkschaften und Umweltverbänden nun auch zwei Vertreterinnen von Anti-Braunkohle-Initiativen aus dem Rheinland und der Lausitz sowie die renommierten Klimawissenschaftler Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut und Felix Matthes vom Ökoinstitut. Als vierter Vorsitzender neben den ehemaligen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) und Stanislaw Tillich (CDU) sowie der Klimaökonomin Barbara Praeterius wurde Bahnvorstand und Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) nominiert. Aus dem Bundestag sollen – anders als zwischenzeitlich geplant – nur CDU, CSU und SPD vertreten sein; die Opposition bleibt außen vor.

Der Kontext

Die Kommission, deren Einsetzung im Koalitionsvertrag vereinbart worden war, soll bis Jahresende einen Plan vorlegen, wie die deutschen Klimaziele for 2030 im Energiesektor erreicht werden können und bis wann die Kohlenutzung komplett beendet wird. Über den Auftrag und die Besetzung des Gremiums gibt es seit Wochen Streit zwischen Wirtschafts- und Umweltministerium.

Die Reaktionen

Umweltverbände, Grüne und Linke kritisierten die Verschiebung. „Die erneute Verzögerung ist fatal, denn mit jedem Tag, der verstreicht, entfernen wir uns weiter vom Pariser Klimaziel“, sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock der taz. „Wir brauchen gerade auch für die Menschen in den Regionen eine Planungssicherheit, wo die Reise hingeht.“ Martin Kaiser, der für Greenpeace in die Kommission gehen soll, sagte, durch die Verzögerung werde es „immer schwieriger, bis zum Jahresende vernünftige Vorschläge zum dringend notwendigen Kohleausstieg auf den Tisch zu legen“.

Die Konsequenz

Durch die verschobene Einsetzung kann die Kommission ihre Arbeit zunächst nicht aufnehmen. Dadurch werde der Zeitplan, bis Jahresende Ergebnisse vorzulegen, „vollkommen unrealistisch“, meint der Linken-Abgeordnete Lorenz Gösta Beutin. Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth wies die Befürchtung, dass der Zeitplan dadurch ins Wanken gerate, hingegen zurück. „Nicht einmal auf den Termin für die Auftaktsitzung“ habe die Verschiebung Einfluss, teilte er der taz mit. Die erste Sitzung des Gremiums sollte ohnehin nicht vor dem 6. Juni stattfinden, so ­Flasbarth.

Malte Kreutzfeldt

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