Kunstradfahrerin Viola Brand: Sich aus der Nische strampeln

Viola Brand ist Kunstradfahrerin. Um sich und ihren Sport bekannt zu machen, radelt sie ungewöhnliche Wege – und lässt sich dabei filmen.

Eine Frau macht eine Kunstfigur auf einem Fahrrad

Viola Brand nutzt öffentliche Räume sehr kreativ Foto: Alex Seegis

SCHORNDORF taz | Der Aufwand, den Athleten in sogenannten Nischensportarten betreiben, ist ähnlich hoch wie bei Profifußballern. In der öffentlichen Wahrnehmung und in der Bezahlung klaffen die beiden Gruppen jedoch weit auseinander. Diese Erfahrung hat auch Viola Brand machen müssen. Obwohl sie zweimal Platz zwei bei Weltmeisterschaften belegte, war die Kunstradfahrerin vom RSV Unterweissach lange Zeit nur Insidern bekannt.

Doch das hat sich auf einen Schlag geändert. „Sexy Rad-Akrobatin verzückt nicht nur mit ihrem Lächeln“, titelte auf ihrer Onlineseite die Krone, Österreichs Pendant zur Bild-Zeitung. Und der Blick, das Gegenstück in der Schweiz, schrieb: „Viola Brand verzaubert in den Sozialen Netzwerken ihre Fans.“

Bekommen hat die 23-jährige Schwäbin diese Aufmerksamkeit durch verschiedene, sehr ungewöhnliche Filme auf Instagram: Viola Brand fährt auf ihrem Kunstrad durch Schorndorf, ist da zu sehen, oder: Viola Brand dreht vor dem Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart auf dem Hinterrad Pirouetten; Vio­la Brand zeigt in einem Einkaufszentrum Kunststücke; Vio­la Brand radelt in einer Bibliothek an den Regalen vorbei und greift sich im Vorbeiradeln ein Buch.

„Auf einmal ist mein Account explodiert“, sagt die Sportlerin. Selbst in Chile werden ihre Beiträge geliked. Mehr als 140.000 Follower hat sie bereits. Und es werden ständig mehr. „Ich freue mich darüber“, sagt sie, „wegen mir und wegen des Sports.“

Vio­la Brand zeigt schon mal in einem Einkaufszentrum Kunststücke. Oder sie fährt durch eine Bibliothek greift sich im Vorbeiradeln ein Buch

Gern würden die KunstradfahrerInnen ins olympische Programm aufgenommen werden. Und dazu müssen sie raus aus der Nische. Dieses Ziel hat Brand ständig im Hinterkopf. Wenn sie unterwegs ist, hält sie nach ebenen Plätzen mit passendem Belag Ausschau. Und wenn sie etwas Passendes gefunden hat, dann kommt sie mit dem Rad und ihrem Freund Edgar Kuli­gov­szky zurück, der dreht die meisten Sequenzen.

Anfang Juni findet die Europameisterschaft statt

Dass Viola Brand beim Kunstradfahren gelandet ist, war beinahe eine Selbstverständlichkeit. Ihr älterer Bruder Manuel ist gefahren, das Training leitet bis heute Mutter Heike. Weil dann niemand mehr zu Hause war, musste eben auch die kleine Viola mit in die Halle gehen. „Als das kleinste Kunstrad endlich gepasst hat, habe ich angefangen“, erzählt sie. Da war sie sechs.

Mittlerweile ist sie in der Weltspitze angekommen. Bei den letzten Weltmeisterschaften war sie nur knapp Milena Slupina (Bernlohe) unterlegen. Das Ziel für dieses Jahr bei den Titelkämpfen ist klar: „Ich will Weltmeisterin werden.“ Doch in Deutschland gibt es mindestens fünf Sportlerinnen auf einem ähnlich hohen Niveau, allerdings nur zwei Startplätze.

„Es ist schwerer, sich für die WM zu qualifizieren, als dann den Titel zu gewinnen“, sagt Brand. Für die Europameisterschaft Anfang Juni in Wiesbaden hat sie es geschafft und wird gemeinsam mit Iris Schwarzhaupt (Stuttgart) für Deutschland starten. In der Qualifikation konnten sie Weltmeisterin Milena Slu­pina hinter sich lassen.

Im Herbst kann Viola Brand ihr Studium in Ernährungsmanagement an der Universität Hohenheim mit dem Bachelor abschließen. Doch sie will noch den Master machen. Vor allem wegen des Sports. Und natürlich auch, damit sie weiterhin Filme ins Netz stellen kann. „Aufnahmen in der Halle in Wettkampfkleidung kommen nicht so gut an“, hat Brand schon bemerkt, „im Freien und in Freizeitkleidung ist gefragter.“

Einen angenehmen Nebeneffekt ihrer Aktivitäten auf Instagram hat sie auch schon regis­triert. Die Kunstradfahrerin bekommt viel mehr Anfragen für Auftritte bei Vereinsfesten oder Einweihungsfeiern. Und damit kommt auch ein wenig Geld auf ihr Konto. Davon leben kann sie allerdings nicht.

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