Die Schokoladenseite der Filmkunst

Das alternative Kino im Sprengel in Hannover begeht sein 30-jähriges Bestehen mit einem Wunschfilm-Programm aus ewigjungen Klassikern und überraschenden Trouvaillen. Zusammengestellt haben es kulturelle und politische Akteure der Stadt

Von Wilfried Hippen

Auf dem Gelände der ehemaligen Schokoladenfabrik Sprengel wurde am 8. Mai 1988 zum ersten Mal ein Film projiziert. Dies war die Geburtsstunde des alternativen Kinos im Sprengel und deren Betreiber feiern diesen runden Geburtstag mit Wunschfilmen von Kooperationspartnern und Freunden. Diese „Carte Blanche“ nutzten die Programmmacher, um eine beachtliche Reihe von Filmen in das Kino zu bringen, von denen die meisten sonst nur selten auf einer Leinwand zu sehen sind.

So etwa Robert Bressons letzten Film „Das Geld“ aus dem Jahr 1983, der heute Abend um 20:30 Uhr gezeigt wird und von der Studentengruppe „Elchkino“ ausgewählt wurde. Darin wird von einem gefälschten 500-Franc-Schein erzählt, der von Person zu Person, Geschäft zu Geschäft und Geschichte zu Geschichte weitergereicht wird. Bressons elliptisches Erzählen wirkt auch heute noch erstaunlich modern.

Der Asta der Uni Hannover hat sich auch auf einen Wunschfilm geeinigt. Am Donnerstag, 31.5., wird der Dokumentarfilm „Liza ruft“ von Christian Carlsen und Philipp Jansen gezeigt, und Carlsen wird ihn selber vorstellen.

Erzählt wird die Geschichte der Jüdin Fania Brantsovskaya, die 19 Jahre alt war, als die Deutsche Wehrmacht ihre Heimatstadt Vilnius einnahm. Sie wurde Mitglied einer jüdischen Widerstandsgruppe und erzählt als heute über 90-Jährige von diesen Erfahrungen.

Der Wunschfilm der Galerie Koc ist „Aghet – Ein Völkermord“ von Eric Friedler (1.6.). Diese Rekonstruktion des Völkermords an den Armeniern beruht auf historischen Quellen und den Aussagen von Zeitzeugen, denen Hanns Zischler, Martina Gedeck, Joachim Król, Peter Lohmeyer und andere ihre Stimmen geliehen haben.

Die AG-Stadtleben ist ein Verein, der sich um „Stadt und Kultur, Architektur und Gesellschaftsentwicklung“ kümmert und mit „Hashti Tehran“ (7.6.) ein Porträt der Stadt Teheran ausgewählt hat. Der Filmemacher Daniel Kötter hat einen originellen Zugang zu seinem Thema gefunden, denn er lässt seine Kamera einfach in der Stadt umherwandern und traut sich dabei, nicht jedes Bild zu kommentieren: Er will, dass die Zuschauer selber Entdeckungen machen.

Die Jazz Musiker Initiative Hannover hat sich eines der schönsten Künstlerporträts der letzten Jahre gewünscht. In „The Case Of The Three Sided Dream“ von Adam Kahan (22.6.) wird der blinde Saxophonist und Flötist Rahsaan Roland Kirk vorgestellt. Dieser spielte, oft auf drei Instrumenten gleichzeitig, einen wilden, rebellischen Jazz, der zugleich avantgardistisch und populär war. Mit „Down by Law“ von Jim Jarmusch ist zumindest ein alter Publikumsliebling im Programm gelandet. Und der Wunschfilm des Ateliers Grammophon/Dingding e. V wird dann in einer gemütlichen Open Air Vorstellung unter dem Glasdach der alten Grammophonfabrik gezeigt.