CDU will mehr Kinder röntgen

Geflüchtete wollen keine medizinischen Alterstests

Von Gareth Joswig

Die Bremer CDU eifert dem bundesweiten CSU-Vorbild nach und will medizinische Alterstests für minderjährige Geflüchtete einführen – am liebsten als standardmäßiges Verfahren für alle. Ein entsprechender Antrag wurde am Mittwoch im Landtag aber erwartungsgemäß abgelehnt. Denn, wie sich in der Debatte in und am Protest betroffener junger Flüchtlinge vor der Bürgerschaft zeigte, will das in Bremen allein die CDU.

Bundesärzteschaft, deutscher Ärztetag und Ärztekammer lehnen verpflichtende medizinische Alterstests schon lange ab. Das Fachmagazin Ärzteblatt macht zudem geltend, dass radiologische Aufnahmen von Hand und Kiefer, wie sie in der Regel bei solchen Tests gemacht werden, eine nicht zu verantwortende Strahlenbelastung für die Kinder und Jugendlichen darstellten. Neben der körperlichen Unversehrtheit werde auch die Menschenwürde angetastet.

Allen ethischen und medizinischen Einwänden zum Trotz werden unbegleitete junge Geflüchtete, die sich nicht ausweisen können, auch in Bremen zur sogenannten qualifizierten Inaugenscheinnahme beim Jugendamt geschickt: Sozialarbeiter oder Psychologen sprechen mit den mutmaßlich Jugendlichen, schauen sie genau an und schicken sie im Zweifel nach Hamburg, dem einzigen Ort in Norddeutschland, wo junge Geflüchtete geröntgt werden, um ihr Alter festzustellen.

Am Ende dieses Prozedere gibt es dann Bescheide, in denen grob zusammengefasst etwa steht: Sie haben dort diese Haarlinie, eine tiefe Stimme, grobporige Aknenarben und ja auch schon Bartwuchs. Außerdem haben Sie sich ganz erwachsen benommen während des Gesprächs, sie müssen über 18 Jahre alt sein. Eventuell ist noch gepimpt mit biologistischem Handknochenmist oder Weißheitszahnbefund.

Gegen diese Praxis protestieren junge Geflüchtete in Bremen bereits seit ein paar Wochen. Sie alle wurden nach einem solchen Verfahren als Erwachsene eingestuft – und legten Widerspruch ein. Denn: Wer als Erwachsener eingestuft wird, verliert den besonderen Schutzstatus. Die Sozialbehörde steckte die jungen Geflüchteten daraufhin alle in eine Einrichtung am Stadtrand. Die Unterkunft soll zwar nun so bald wie möglich geschlossen werden, wie die Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) den jungen Geflüchteten noch während ihres Protestes vor der Bürgerschaft versprach, aber ihr Problem ist damit noch nicht gelöst.