Antje Lang-Lendorff hört sich bei den Nachbarn um
: „Besetzung? Find ickjut“

Ordnung muss sein. In Blaumann und Turnschuhen kehrt die Hauswartin am Dienstag Mittag die letzten Scherben vor der Bornsdorfer Straße 37 in Neukölln zusammen. Bald erinnert nur noch die mit Platten vernagelte Haustür an die Besetzung, die hier am Sonntag stattgefunden hat. Und der auf die Fassade gesprühte Schriftzug: „Die Häuser denen, die sie brauchen“.

Man könnte meinen, dass die Nachbarschaft genervt wäre vom Trubel, den die Besetzer in die sonst ruhige Straße gebracht haben, von Scherben und Dreck. Doch viele haben durchaus Verständnis für die Aktion. „Find ick jut“, kommentiert eine ältere Dame in mintgrünem Blouson und weißer Hose. „Es gibt Leerstand, aber es wird nix gemacht, dabei suchen doch so viele eine Wohnung.“ Sie zeigt hinunter zur Hauptstraße. „Da, das Haus mit dem rosa Schriftzug, das könnten die auch besetzen.“

Auch die Hauswartin bezeichnet den Leerstand als „verschenkten Mietraum“. Eine andere Nachbarin mit Pferdeschwanz und silbernen Glitzersteckern im Ohr findet die Besetzung ebenfalls richtig. Sie erzählt, sie wohne noch mit ihren Eltern zusammen, in zweieinhalb Zimmern, weil sie keine bezahlbare Wohnung finde.

Platz ist im Himmel

Kurz darauf eilt der Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft Stadt und Land, zu der die Häuser gehören, in dunklem Anzug die Straße herauf. „Wir haben das Haus vor drei Jahren gekauft und sind auf schwere statische Probleme gestoßen“, erklärt Ingo Malter den anwesenden Journalisten. Im Jahr 2001 sei ein Sportflugzeug hier abgestürzt und habe das Haus offenbar beschädigt. Deshalb habe das alles so lange gedauert. Malter beteuert: „Auch wir haben kein Interesse an Leerstand.“

Ein alter Mann mit Einkaufstrolley steht vor seiner Haustür. Er macht sich Sorgen um das Viertel. Er sagt, er lebe seit 46 Jahren hier. „Ick bin 88, die paar Jahre schaff ick ooch noch. Dann zieh ick nach da oben.“ Er deutet in den blauen Himmel. Zumindest dort dürfte es genug Platz geben für alle.