Der Gegner steht ganz rechts

In Chemnitz demonstrierten am 1. Mai etwa 3.000 Menschen gegen Nazis, bundesweit folgen etwa 340.000 Menschen den Aufrufen des DGB. Mittendrin und überall dabei die KorrespondentInnen der taz. Erlesenes aus der taz #Maischalte

Die Band „Kraftklub“ setzte bei der Anti-Nazi-Demonstration in Chemnitz ein Zeichen Foto: Jan Woitas/dpa

Aus Chemnitz Helke Ellersiek

Bunt und weitgehend friedlich haben Tausende Menschen in Chemnitz am Tag der Arbeit vor allem gegen den Aufmarsch von Neonazis protestiert. Begleitet von einem Großaufgebot der Polizei hatte der sogenannte „Dritte Weg“ etwa 600 Rechtsextremisten zum Tag der Arbeit in der ehemaligen Karl-Marx-Stadt versammelt. Die vom Verfassungsschutz beobachtete Kleinpartei hatte zum „Arbeiterkampftag“ vor allem Teilnehmer aus Bayern und Sachsen mobilisiert, wo die Partei hauptsächlich aktiv ist.

AnwohnerInnen und Initia­tiven aus Sachsen reagierten mit zahlreichen Gegenaktionen. 25 Initiativen hatten Gegenproteste angemeldet. Auf der Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes warben der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) für Weltoffenheit und teilten auch gegen die rechte Demonstration aus. „Ich freue mich nicht über alle, die heute in Chemnitz demonstrieren“ sagte Ludwig. Sie erinnerte an die nationalistische Vergangenheit der Stadt. „Die Nationalsozialisten haben auch nach einem ‚dritten Weg‘ gesucht. Wo das hingeführt hat, kann niemand leugnen.“

Kretschmer betonte in seiner Rede vor einigen hundert Zuhörern, er lehne Extremismus „jeder Form“ ab. „Rechtsextremismus bekämpft man nicht mit Linksextremismus. Es muss aus der Mitte der Gesellschaft kommen“, sagte er. Die beiden Politiker führten auf dem kurzen Weg vom Neumarkt zum Stefan-Heym-Platz gemeinsam mit Gewerkschaftlern die Demonstration des DGB an. Im Vergleich zu den übrigen Gegenprotesten blieb die Gewerkschaftsdemo bemerkenswert leise und verstummte zeitweise ganz, als sie schließlich den Neonazis gegenüberstand. Als sich die Prozession aus später etwa 600 Rechtsextremen in roten T-Shirts in Bewegung setzte, begleiteten die Gewerkschaftler sie einige hundert Meter weit.

Lauter, zahlreicher und länger konnte das Bündnis „Chemnitz nazifrei“ DemonstrantInnen mobilisieren. Etwa 1.600 Personen waren es nach Angaben des Veranstalters auch noch nach Stunden, die in einer Parallelstraße der Naziroute festsaßen. Dabei wurden etwa hundert Personen eingekesselt. Nach Angaben der Polizei schlossen die Beamten Personen von der Veranstaltung aus und hielten Personalien fest.

Mehrmals leitete die Polizei die rechte Demonstration um. Die sächsische Polizei hatte zuvor erklärt, den Fokus auf die Trennung der Veranstaltungen und die Wahrung des Versammlungsrechts aller Parteien zu legen. Bereitstehende Wasserwerfer kamen bis Redaktionsschluss nicht zum Einsatz.

Schätzungsweise demonstrierten über den Tag etwa 3.000 Teilnehmer dezentral gegen die Neonazis. Genaue Zahlen wollte die sächsische Polizei ebenso wenig nennen wie die Zahl ihrer eingesetzten Beamten. Im Vorfeld hatten Medien von etwa 1.500 Polizisten berichtet. Allgemein sei es laut einer Sprecherin bis auf vereinzelte Störungen friedlich geblieben.