Abgehörte Telefonate nicht übersetzt

Polizeiinterne Taskforce „Lupe“ hat 254 Fehler der Berliner Polizei im Fall des Attentäters Anis Amri entdeckt

Interne Ermittler haben einem Spiegel-Bericht zufolge zahlreiche weitere Versäumnisse der Berliner Polizei im Fall des Attentäters Anis Amri entdeckt.

Abgehörte Telefonate seien nicht übersetzt, Observationen zu früh beendet worden, berichtet das Maga­zin aus dem 188 Seiten langen Bericht der Taskforce „Lupe“, die im letzten Frühjahr von Polizeipräsident­ Klaus Kandt eingesetzt wurde. So seien Chancen verpasst worden, Amri frühzeitig ins Gefängnis zu bringen.

Es sei versäumt worden, „Vorgänge zusammenzuführen, Ermittlungen zu bündeln und auszuweiten sowie zielgerichtet Maßnahmen der Inhaftierung oder der Abschiebung gegen ihn zu initiieren“, zitierte der Spiegel aus dem Polizeibericht. Insgesamt stellte die Taskforce demnach 254 Mängel im Umgang mit Amri fest, 32 bezeichnete sie als schwer, weil sie sich auf das Ermittlungsergebnis ausgewirkt hätten.

So sei in 590 der abgehörten Telefongespräche von strafbaren Handlungen die Rede gewesen, es habe klare Hinweise auf mindestens zehn verschiedene Straftaten Amris gegeben. Die Ermittler hätten allerdings jedes vierte Telefongespräch erst gar nicht ins Deutsche übersetzen lassen. Andere Dialoge seien nur unzureichend übersetzt worden.

Insgesamt rügten die Kontrolleure eine „grob lückenhafte Ak­tenführung“. Konkrete Hinweise auf einen geplanten Anschlag habe es in den Telefonaten allerdings nicht ­gegeben. Zuletzt arbeiteten 27 ­Polizisten und Mitarbeiter in der ­Arbeitsgruppe. Einen Termin, wann der Bericht veröffentlicht werden soll, gibt es nach Angaben der ­Senatsinnenverwaltung nach wie vor nicht. ­Ursprünglich sollte die ­Arbeit zum Jahresbeginn 2018 ­beendet sein. Eingesetzt wurde die Taskforce „Lupe“ am 23. Mai 2017.

Der Tunesier Anis Amri hatte am 19. Dezember 2016 auf dem Berliner Breitscheidplatz zwölf Menschen ­getötet und fast 70 weitere verletzt. (afp/dpa)