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68

Demonstration des Allgemeinen Gewerkschaftsbundes (CGT) am 29. Mai 1968 in Paris Foto: Rue des Archives/AGIP/SZ Photo

Von Belinda Grasnick

Volle Hörsäle, Blockaden vor dem Springer-Haus, ein brüllender Rudi Dutschke – das sind die typischen Bilder, die man mit den Studierendenprotesten der Jahre 1967 und 1968 in der Bundesrepublik Deutschland verbindet. Sie stellen das dar, was in den letzten 50 Jahren diskutiert wurde, wenn es um „die 68er“ ging. Doch 1968 war viel mehr als das.

Weltweit gab es in den 1960ern Proteste, die sich gegen autoritäre Regime wandten, gegen Diskriminierung und Rassentrennung und gegen den Vietnamkrieg. In Washington war Martin Luther King Junior das Gesicht der schwarzen Bürgerrechtsbewegung, während die Studierenden in Berkeley sich für Redefreiheit einsetzten. In Italien und Frankreich kam es 1968 zu landesweiten Protesten. Und auch im Osten sehnte man sich nach Veränderung: In der Tschechoslowakei gab es die Idee eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“, der das bisherige System nicht abschaffen, aber doch reformieren wollte. Auch in der DDR liebäugelten die Jüngeren 1968 mit den Ideen des Prager Frühlings.

In der Bundesrepublik entzündete sich indessen die Neue Frauenbewegung, nachdem die Belange der Frau von der männlich dominierten Protestbewegung lange ignoriert wurden. Zwar wurden viele politische Rechte zuvor erstritten – doch die Gleichstellung von Mann und Frau im gesellschaftlichen Leben war noch in weiter Ferne. Schon weil die Kinderbetreuung weiterhin den jungen Frauen zufiel, konnten diese sich kaum an den Protesten in Westdeutschland beteiligen.

„1968“ entspannte sich eigentlich über mehr als eine Dekade. An verschiedensten Orten beschäftigten sich junge Menschen, Intellektuelle, Künstler*innen und Arbeiter*innen weltweit mit dem Wandel der Gesellschaft. In Mexiko, Polen, Jugoslawien, der Türkei, Spanien und Japan gingen die Menschen ebenso auf die Straße wie in Frankreich und in den USA. Diese erste Ausgabe zum 50. Jahrestag der 68er widmet sich den eher versteckten Orten des Protests.

Bis September wird die taz einen Blick auf die verschiedenen Facetten der Bewegungen werfen. Wir schauen nach Paris und Prag, wo die großen Proteste des Jahres 1968 stattfanden. Aber wir ziehen auch die reformierenden Kräfte in Betracht, die es schon weit vor 1968 gab.

Sie wollen Ihr Wissen über 1968 testen? Neben vielen Texten aus diesem Dossier finden Sie online eine Karte mit den Schauplätzen des weltweiten Protests – und ein 68er-Quiz. Auf taz.de/1968