„Fairer Kaffee im Büro“

Friedrichshain-Kreuzberg will „Fair Trade Town“ werden. Stadträtin Clara Herrmann erklärt, wie ein Bezirk Ernährung und Konsum seiner Bewohner beeinflussen kann

Foto: privat

Clara Herrmann

1985 in Berlin geboren, studierte Geografie, Volks- und Betriebswirtschaftslehre an der Humboldt-Universität. Von 2006 bis 2016 gehörte sie der Grünen-Fraktion im ­Berliner Abgeordnetenhaus an, seit Dezember 2016 ist sie Stadträtin für Finanzen, Umwelt, Kultur und Weiterbildung im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.

Interview Claudius Prößer

taz am wochenende: Frau Herrmann, das immergrüne Friedrichshain-Kreuzberg will „Fair Trade Town“ werden. Warum jetzt erst?

Clara Herrmann: Wir sind ja längst auf dem Weg. Den Beschluss hat der Bezirk 2015 gefasst, seitdem gibt es eine Steuerungsgruppe, die den Prozess begleitet. Der Prozess ist im Grunde das Hauptziel. Es geht nicht so sehr um das Siegel selbst, sondern darum, die Idee mit Leben zu füllen. Im Übrigen war Friedrichshain-Kreuzberg der erste Bezirk, der eine Stelle für kommunale Entwicklungspolitik eingerichtet hat.

Damit Fairtrade e. V. einer Kommune das Siegel ausstellt, muss unter anderem eine bestimmte Menge an Läden fair gehandelte Produkte führen. Das tun doch längst auch große Supermärkte.

Richtig. Zudem gibt es einen Einkaufsführer, in dem man sehen kann, welche Geschäfte sich auf faire Produkte spezialisieren. Es geht nicht nur um Lebensmittel, sondern auch um Kleidung. In Friedrichshain-Kreuzberg bieten mehrere Läden ausschließlich faire Bekleidung an.

Verwendet der Bezirk in seinen Einrichtungen denn fair gehandelte Produkte?

Bei mir im Büro gibt es fairen Kaffee. Wie das in allen Büros und Einrichtungen aussieht, kann ich nicht sagen. Grundsätzlich gilt das Berliner Vergabegesetz. Wir versuchen, auf die Kantinenbetreiber oder Vereine einzuwirken, aber wir können niemanden zwingen, eine bestimmte Kaffeesorte zu bevorzugen. Außerdem klären wir über einzelne Produkte auf.

Zum Beispiel?

Fußbälle. Ein Großteil der weltweit gehandelten Fußbälle wird in Pakistan und Afghanistan genäht, oft unter problematischen Bedingungen. Es gibt aber auch für Bälle ein Fairtrade-Siegel, und wir haben Infoveranstaltungen mit Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen durchgeführt. Allerdings beschaffen Schulen Sportartikel in der Regel über das Landesverwaltungsamt. Das hat leider noch keine Rahmenverträge mit Herstellern von fairen Bällen. Um das zu ändern, stehen wir in Kontakt mit dem Landesverwaltungsamt, der Sportverwaltung und dem Eine-Welt-Bereich in der Wirtschaftsverwaltung.

Was kann der Bezirk noch tun?

Wir machen Workshops in Schulen und Diskussionsveranstaltungen. Wir haben schon mehrere Filme zum Thema gezeigt, unter anderem im Kino Moviemento „Das Kongo-Tribunal“, der die Zusammenhänge zwischen Rohstoffproduktion und bewaffneten Konflikten aufzeigt.