Bloß nicht einmischen!

Sigmar Gabriel will, dass Deutschland in der Welt „nicht mehr an der Seitenlinie steht“. Die Mehrheit der Deutschen sieht das anders, in einem Aspekt stimmt sie dem Außenminister aber zu

Aus Berlin Tobias Schulze

Die Deutschen wollen, dass sich Deutschland international zurückhält. Ihr Außenminister will dagegen, dass sich die Bundesrepublik in der Welt stärker einmischt. Das ist die Erkenntnis aus dem Forum Außenpolitik der Körber-Stiftung, das am Dienstag in Berlin stattfand.

Aus Anlass der internationalen Konferenz veröffentlichte die Stiftung die Ergebnisse ihrer aktuellen Umfrage zum Blick der Deutschen auf die Außenpolitik. 53 Prozent interessieren sich demnach stark für internationale Politik. 52 Prozent sind allerdings gegen eine aktivere Rolle Deutschlands in weltweiten Krisen, nur 43 Prozent dafür.

Immerhin: Das sind zwei Prozentpunkte mehr als noch im vergangenen Jahr – oder in der Rechnung von Sigmar Gabriel (SPD) schon „fast 50 Prozent“. Der geschäftsführende Außenminister eröffnete die Konferenz am Vormittag mit einem Appell an Deutschland und Europa, sich öfter einzuschalten. Die Welt sei in den vergangenen Jahren unbequemer geworden, es gebe daher keinen Platz mehr an der Seitenlinie internationaler Politik. „Wir müssen einsehen: Entweder wir versuchen selbst, in dieser Welt zu gestalten, oder wir werden vom Rest der Welt gestaltet“, sagte er.

Die Reformvorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron könnten die EU für diese Aufgabe stärken. Für die nächste Bundesregierung müsse „im Zentrum stehen“, die Initiativen aus Paris aufzunehmen. „Eine Chance wie die jetzige dürfen wir nicht vertun“, sagte der Außenminister.

Ein Stück weit liegt Gabriel zumindest damit auf einer Linie mit der Bevölkerung. In der Umfrage der Körber-Stiftung nannte eine Mehrheit erstmals Frankreich als wichtigsten Partner der Bundesrepublik, die USA landeten nur noch auf dem zweiten Platz. 58 Prozent unterstützen die Idee einer EU-Armee. Und 59 Prozent wollen zusammen mit den EU-Partnern afrikanischen Regierungen beim Grenzschutz helfen, um so Flüchtlingsrouten zu unterbrechen. Beim Geld hört die Freundschaft aber auch schon wieder auf: 54 Prozent lehnen Macrons Vorschlag eines europäischen Finanzministers ab.