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: FAIRER HANDEL

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Den Genossen ist nicht alles Banane

Urocal Aus dem Süden Ecuadors, dem Verwaltungsbezirk El Oro, stammen die goldgelben Bananen, die das Logo von BanaFair tragen. Der Verein importiert die Südfrüchte und lässt sie nachreifen, bevor sie in den Weltläden angeboten werden

Die Bananeist die zweitbeliebteste Frucht der Deutschen, gleich nach dem Apfel. Weltweit wächst der Handel mit tropischen Früchten rasant. Ein Großteil wird nur für den Export angebaut.Die Verletzung von Arbeitsrechten und mangelhafter Umweltschutz sind im tropische Früchtesektor häufig an der Tagesordnung.

Die internationale Kampagne „Make Fruit Fair!“ setzt sich für die Umsetzung von Sozial- und Umweltstandards im Handel mit tropischen Früchten ein. Gemeinsam mit 18 Partnern fordert BanaFair existenzsichernde Löhne und faire Preise, die Einhaltung von Arbeitsrechten und den Schutz der Umwelt.

www.makefruitfair.de

Von Knut Henkel

Dutzende von blaugrünen Pappkartons mit dem Logo der ineinandergreifenden Hände stehen sauber aufgestapelt an der Verpackungsstation von Yoni Yanzaguano bereit, um die grünen Früchte aufzunehmen. Es ist Montag und dann wird auf der vier Hektar großen Farm geerntet, sortiert, gewaschen und verpackt. In einem satten Grün leuchten die krummen Früchte, die von einem Bruder Yanzaguanos mit einem Etikett versehen werden, bevor sie noch feucht vom Wasserbad in den mit Plastikfolie ausgeschlagenen Kartons landen.

Rund fünfzig fertig verpackte Kartons stehen auf der einen Seite des Wasserbeckens, in dem die grünen Früchte schwimmen, die wenig später unter dem schützenden Blechdach sortiert, gewogen und verpackt werden. Auf der anderen Seite stehen die leeren Kartons, die im Laufe des Vormittags mit Bananen gefüllt werden sollen und über den gestapelten Kartons hängen die Hinweisschilder an den Dachlatten, die das Blechdach tragen.

Von Machala geht es in die ganze Welt hinaus

„Finca El Rosario“ steht darauf, darunter Urocal – BanaFair. Daneben hängen noch ein paar Tafeln mit Anweisungen, den Arbeitsplatz sauber zu halten und wie man sich im Fall eines Unfalls verhält. „Wir sind zwar nur ein kleiner Familienbetrieb, aber hier wird nach klar definierten Standards gearbeitet. Die Farm ist Fairtrade-zertifiziert, wir liefern Biobananen für den deutschen Markt“, erklärt Yanzaguano. Der stämmige 49-Jährige steht am blau gekachelten Wasserbecken und lässt in schneller Folge Bananenhände ins Wasser gleiten, die er vom Bananenbüschel runter schneidet. Im Minutentakt werden die 30 bis 35 Kilo schweren Büschel von zwei Cousins angeliefert, von Yanzaguano zerteilt und anschließend sortiert, gewogen und verpackt.

Ein bis zweimal pro Woche, montags und donnerstags, wird bei Urocal geerntet. Noch in der gleichen Nacht geht die frische, grüne Ware im Kühlcontainer auf die Reise von Machala nach Hamburg. Machala, die Hauptstadt der Bananenprovinz El Oro, galt lange als das Mekka der weltweiten Bananenproduktion. Von hier werden jede Woche Hunderte von Kühlcontainern mit den grünen Früchten in alle Welt geschickt. Darunter auch die zwei Container von Urocal an BanaFair e. V. Der in Gelnhausen bei Frankfurt ansässige Bananenimporteur setzt auf den fairen Handel mit kleinbäuerlichen Produzenten, agiert als Non-Profit-Organisation, die auch Öffentlichkeitsarbeit zu den Arbeitsbedingungen auf den Plantagen der großen Konzerne macht.

Die sind in Ecuador traditionell schlecht, Lohndumping und die Verletzung der gewerkschaftlichen Rechte sind weit verbreitet. „Eine große Hürde für die Gründung von Gewerkschaften ist die Vorgabe, dass mindestens dreißig Arbeiter für die Gründung einer Gewerkschaft nötig sind. Auch eine Branchengewerkschaft ist nicht vorgesehen“, erklärt Joaquin Vásquez die Hintergründe, weshalb nur drei Prozent der Arbeiter organisiert sind.

Vásquez ist eines der Gesichter der Kleinbauernorganisation Urocal (Unión Regional de Organizaciones Campesinas del Litoral). Der gehören 284 Familien an, die auf rund 1.258 Hektar zertifizierter Fläche Biobananen und Biokakao anbauen. Teilweise auch in Mischkultur wie Yanzaguano. Aber die meisten Urocal-Kleinbauern, die zwischen einem und zwölf Hektar bestellen, konzentrieren sich auf ein Exportprodukt. Nebenher bauen sie Produkte für die Ernährung der Familie an. „Obst, aber auch Yucca und andere Knollen“, erklärt Yanzaguano, der lange Jahre als Präsident neben Vásquez beim Aufbau der Bauernorganisation mitgearbeitet hat. 1974 gegründet, nahm sie 1996 den Kontakt zu BanaFair auf und seit dem April 1998 vermarktet das Team in Gelnhausen die Bananen aus Machala. Rund 150 Kisten à 18,14 Kilogramm produziert Yanzaguano mit seiner Familie pro Woche. Das ist deutlich weniger als auf einer konventionellen Farm, wo rund siebzig Kisten pro Hektar produziert werden. „Bei uns sind es rund dreißig Kisten pro Hektar. Aber wir produzieren ohne Pestizide, tun etwas für den Erhalt der Artenvielfalt und gehen fair miteinander um“, gibt Yanzaguano zu Bedenken.

Ein kleiner Familienbetrieb, der nach klar definierten Standards arbeitet

Ein sicherer Markt und faire Strukturen

Das geht nur, weil es den gesicherten Markt für die Bananen in Deutschland und den Kakao in Frankreich gibt. Mit dem können die Urocal-Kleinbauern kalkulieren. So erhält Urocal von BanaFair einen fairen Grundpreis und eine Bioprämie. Das summiert sich auf nahezu das Doppelte des derzeitigen Richtpreises auf dem ecuadorianischen Markt von 6,26 US-Dollar pro Kiste. Von dieser Summe landen 8,30 US-Dollar pro Kiste bei den Bauern, der Rest fließt in Zukunftsprojekte der Genossenschaft, die regelmäßigen Audits der Zertifizierungsgesellschaften und den Ausbau der eigenen Infrastruktur. Dazu zählt das Kakaozentrum in der Provinzstadt Shumiral, das Büro in Machala, von wo die Produkte der Genossen zentral vermarktet werden, und auch den kleinen Supermarkt El Arbolito, der den Mitgliedern und der lokalen Bevölkerung Lebensmittel zu fairen Preise verkaufen will. „Das ist ein Projekt von uns, ein anderes ist die Errichtung eines eigenen Verwaltungs- und Vermarktungszentrums, wofür uns die Regierung ein Grundstück zur Verfügung gestellt hat“, sagt Vásquez, der 61-jährige Kakaobauer, der auch Soziologie studiert hat.

Der Aufbau einer eigenen Schokoladenproduktion ist ein weiterer Traum des visionären, kleinen Mannes, der Urocal mit aufgebaut hat und derzeit fit für die Zukunft macht. Dazu gehört es auch die nächste Generation ins Urocal-Boot zu holen, den Nachwuchs in die Strukturen einzubinden. Auf den Plantagen ist das schon länger der Fall, doch auch im Büro von Urocal in Machala sind mehr und mehr junge Gesichter zu sehen. Mit „Banavid“ hat Urocal zudem die Gründung einer Dachorganisation für kleine und mittlere Bananenbauern und Genossenschaften angestoßen, die den Genossenschaftsgedanken genauso weitertragen wie die Interessen der Kleinproduzenten vertreten soll.

Dabei kommt der Regierungswechsel im Mai genau richtig. „Mit Lenín Moreno sitzt nun ein Mann im Präsidentenpalast, der auf den Dialog setzt und angekündigt hat, mehr für die Landwirtschaft tun zu wollen“, so Vásquez. Er hofft auf bessere Zeiten für Urocal und deren kleinbäuerlichen Mitglieder. Als erstes positives Signal wertet er die bereits erwähnte Schenkung eines Grundstücks durch die Regierung.