Unternehmer im Rugby-Sport: Französische Nachhilfe

Hans-Peter Wild, ein Unternehmer aus Heidelberg, wird Eigentümer von Stade Français Paris. Er will dort künftig auch deutsche Talente ausbilden lassen.

Männer während eines Rugby-Spiels

Rugby – in Deutschland nur ein Nischensport, auf der anderen Rheinseite sieht das ganz anders aus Foto: imago/PanoramiC

PARIS taz | Nur die schmale Rue Claude-Farrère trennt den Parc des Princes und das Stade Jean-Bouin. Und doch sind es zwei Welten. Im Prinzenpark spielen die Fußballer von Paris St. Germain, deren Besitzer aus Katar diesen Sommer gerade mal rund 400 Mil­lio­nen Euro Ablösesumme für die berühmten Kicker Neymar Júnior und Kylian Mbappé hin­blätterten, um endlich die Champions League zu gewinnen.

Gegenüber, im 20.000 Zuschauer fassenden Jean-Bouin, spielen die Rugbycracks von Stade Français. Und dort lockt im Erdgeschoss auch der Megastore von Paris St. Germain (PSG), vergangenen Samstag, vor dem Heimspiel von Stade Français gegen La Rochelle, stehen Fans vor dem Devotio­na­lien­schrein der Fußballgötter von PSG bis auf die Rue Claude-Farrère Schlange. Ein paar Meter weiter sitzen die „Les Amis du Stade Français ­Paris“ auf Holzbänken.

Knapp 8.000 Menschen sind zum zweiten Heimspiel der Saison gekommen, die „Rosa Soldaten“, wie die Spieler des 14-maligen französischen Meisters genannt werden, gewinnen 35:24. Der erste Saisonsieg erfreut auch Hans-Peter Wild. Seit diesem Sommer ist der Unternehmer aus Heidelberg Eigentümer von Stade Français. Auf den rosa Trikots wirbt Wilds Firma Capri Sun. Das Vermögen des 76-Jährigen wird auf rund 3 Milliarden Euro geschätzt, Wild hat ein Faible für Rugby. Sein Vater nahm als Ruderer für den Heidelberger Ruderklub an Olympischen Spielen teil, im Winter spielte er Rugby.

Seit Jahren versucht Wild das deutsche Rugby aus der Nische zu führen, investierte mindestens 10 Millionen Euro in die Wild Ruby Academy (WRA) in Heidelberg. Deren Leiter ist Robert Mohr, 39, der in Frankreich reüssierte und für La Rochelle in zweiter Reihe stürmte. Seit Sommer fungiert Mohr auch als Sportlicher Leiter bei Stade Français. Die Doppelfunktion des Deutschen Rugbyidols unterstreicht, dass Wilds Engagement dem Sport auch in Deutschland einen Schub bringen soll.

Der beste Achter der Welt

Deutsche Talente sollen in Akademien französischer Topklubs wie Stade Français ausgebildet werden, bis 2018 soll eine Nachwuchsakademie in Heidelberg fertiggestellt sein; Kostenpunkt: 10 Millionen Euro. Finanzier: Wild. Anfang August weilten die Pariser Profis in Heidelberg und trainierten mit den Halbprofis der deutschen Nationalmannschaft, die noch nie an einer WM teilgenommen haben. Wild und Mohr wollen das ändern.

Die Top 14 in Frankreich gilt als beste Liga der Welt, Rugby besitzt auf der anderen Rheinseite einen ungleich höheren Stellenwert als hierzulande. Zu Spielen der Nationalmannschaft während des Six-Nations-Turniers, dem jährlichen Messen der sechs besten Rugby­nationen Europas, füllen 80.000 Fans das Stade de France im Norden von Paris. Seit der Professionalisierung des 15er-Rugby (Rugby Union) vor rund 25 Jahren stieg die Top-14-Liga zur Anlaufstation für die Weltstars dieses Sports auf. Bei Stade Français steht beispielsweise der derzeit beste Achter der Welt, Sergio Parisse, Kapitän der italienischen Nationalmannschaft, unter Vertrag.

Mit rund 27 Millionen Euro Umsatz verfügen die Pariser über das drittgrößte Budget in Frankreich. Doch im vergangenen Jahr geriet der Klub in eine finanzielle Schieflage, die Spieler streikten. Jacky Lorenzetti, der Präsident des ungeliebten Stadtrivalen Racing 92, brachte sogar eine Fusion der beiden Pariser Eliteklubs ins Gespräch. Doch diese Idee stieß auf keine Gegenliebe, zumal sich das kolportierte Interesse des katarischen Investors von Paris St. Germain am benachbarten Rugbyklub als Bluff herausstellte.

Nun ist also der frankophile Wild Eigentümer von Stade Français, er kaufte die Aktiengesellschaft und die Marketinggesellschaft für jeweils einen Euro. Im Gegenzug hinterließ der Vorbesitzer den Klub schuldenfrei, wenn auch ohne Eigenkapital. Wild bürgt für die nächsten drei Jahre mit je 10 Millionen Euro pro Spielzeit, das verlangt das Reglement. Nach einem Übergangsjahr werden wieder höchste Ziele angestrebt. Wahnwitzige Ablösesummen muss Wild nicht bezahlen, Frankreichs Rugby kennt keine Transferkosten. Diese bleiben den Fußballern auf der anderen Seite der Rue Claude-­Farrère im 16. Arrondissement von Paris vorbehalten.

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