Geiselnahme in Istanbul

Türkei Sechs Menschenrechtsaktivisten aus dem Umfeld von Amnesty International in Unter-suchungshaft. Ihnen wird vorgeworfen eine Terrororganisation unterstützt zu haben. Deutsche Politiker sind empört. SPD-Außenpolitiker: Instrumente, die wir nur aus Diktaturen kennen ▶SEITE 2

Der Konfliktlöser

Peter Steudtner hat zusammen mit Ali Garawi’yi den Workshop zu Informationsmanagement geleitet. Das Seminar sollte Menschrechtsaktivisten im Umgang mit vertraulichen Daten und Zeugenaussagen von Opfern schulen. Steudtner, geboren 1971 in Berlin, ist Trainer, Fotograf, Dokumentarfilmer und Mitglied von Amnesty International. Nach seinem Politikstudium hat Steudtner in diversen afrikanischen Ländern Menschenrechtsprojekte ins Leben gerufen. Seit 2011 leitet er als Trainer der Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion „Kurve Wustrow“ in verschiedenen Ländern Workshops zu gewaltfreien Konfliktlösungen. Er ist Mitautor eines Handbuchs zu digitalen Technologien in der Menschenrechtsarbeit. In Mosambik drehte er einen Dokumentarfilm über Landraub und Menschenrechte.

Die Amnesty-Chefin

İdil Eser ist seit 2016 Direktorin von Amnesty International Türkei. Sie ist eine von zehn MenschenrechtlerInnen, die am 5. Juli bei einem Workshop zum Thema „Digitale Sicherheit und Informationsmanagement“ in Istanbul festgenommen wurden. Am Dienstag ordnete ein Gericht gegen sie und fünf andere Untersuchungshaft an. Der Vorwurf: Unterstützung einer „bewaffneten Terrororganisation“. Eser, geboren 1963, hat an der Columbia-Universität in New York Internationale Beziehungen studiert. Wegen der Krankheit ihrer Mutter brach sie ihre Promotion in russischer Geschichte an der Chicago-Universität ab und kehrte in die Türkei zurück. Eser hat für verschiedene NGOs wie Ärzte ohne Grenzen gearbeitet. An der Bilgi-Universität in Istanbul gab die Übersetzerin Kurse zur Geschäftsführung von NGOs.

Der Dokumentator

Günal Kurşun ist Vorstand des Menschenrechtsvereins İnsan Hakları Gündemi Derneği (Human Rights Agenda Association), der Menschenrechtsverletzungen im gesamten Land dokumentiert, und Mitglied von Amnesty International Türkei. Der Akademiker wurde per Notstandsdekret von der Juristischen Fakultät der Çukurova-Universität entlassen. Seine wissenschaftlichen Beiträge zu den Themen Genozid, Internationales Strafrecht, Folter, Redefreiheit, Minderheitenrechte, ökonomische, soziale und kulturelle Rechte und Hassverbrechen fanden internationale Aufmerksamkeit.

Die Amnesty-Gründerin

Özlem Dalkıran ist Gründungsmitglied von Amnesty International Türkei. Sie leitete das Büro für zwei Perioden und war die Pressesprecherin. Dalkıran ist in der Türkei bekannt für ihr jahrelanges Engagement für Menschenrechte und hat an diversen Kampagnen mitgearbeitet. Daneben ist sie Mitgründerin eines Vereins, der sich für Geflüchtete in der Türkei einsetzt, und hat für das unabhängige Nachrichtenplattform Bianet als Projektkoordinatorin gearbeitet. Extern unterstützt sie den Hrant-Dink-Verein, der sich für Dialog und Frieden zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen in der Türkei einsetzt.

Der Vereinsgründer

Veli Acu ist seit 2009 Gründungsmitglied des Menschenrechtsvereins İnsan Hakları Gündemi Derneği. Geboren 1988, hat er seinen Bachelor in Politikwissenschaft und öffentlicher Verwaltungswirtschaft an der Gazi-Universität absolviert; er studiert an derselben Universität Anglistik. Er forscht zu Menschenrechten, Nationalismus und Politischen Theorien. Acu ist seit 2010 Mitglied von Amnesty International Türkei. Seit Mai 2016 arbeitet er auch für das Welternährungsprogramm der Vereinten Nation.

Fotos: Amnesty International, privat (5)

Der IT-Stratege

Ali Garawi’yi ist ein iranisch-schwedischer IT-Consultant, der den Workshop zusammen mit Peter Steudtner geleitet hat. Der 1967 Geborene wurde 2004 als Informatikexperte zum Symposium „Neue Strategien für Menschenrechtler“ eingeladen, das vom Förderfonds der türkischen Regierung finanziert wurde. Garawi’yi, der Elektroingenieurswesen und Robotertechnik studiert hat, arbeitete für das Folteropferzentrum, das Überlebende von Folter unterstützt. Er leitete das Projekt „Privatsphäre und Redefreiheit“ vom Tactical Technology Collective in Berlin, das die politische und soziale Perspektiven von Technologie untersucht und sich mit digitalen Strategien und Netzsicherheit beschäftigt. Seit drei Jahren berät er verschiedene NGOs zu Computertechnik. Er schrieb diverse Beiträge, auf die sich Menschenrechtler als Quelle stützten.