Deutsche Exporte: Gut fürs EU-Ausland?

Deutsche Exportüberschüsse schädigen die Wirtschaft in Nachbarländern nicht, sondern sichern dort Millionen Arbeitsplätze. Zumindest laut Prognos.

Eine Mitarbeiterin steht am Fließband

Deutschland exportiert sogar Tiefkühlpizzen Foto: dpa

BERLIN taz | Die hohen deutschen Exportüberschüsse schädigen laut einer neuen Studie die Wirtschaft in den Nachbarländern nicht, sondern sichern dort Millionen Arbeitsplätze. Mit dieser These unterstützt das Forschungsinstitut Prognos die Position der Bundesregierung unter anderem gegen die Kritik des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron. Das Übergewicht der Ausfuhren sei durchaus ein Hindernis für ausländische Firmen, sagte dagegen Gustav Horn, Chef des Instituts für Makroökonomie (IMK).

Die Debatte über die Exportstärke der bundesdeutschen Unternehmen spaltet Politik und Wirtschaftsforschung. Prominentester Kritiker ist US-Präsident Donald Trump. Er bemängelt, dass angeblich zu viele deutsche Fahrzeuge in die USA verkauft würden. Auch in europäischen ­Staaten regt sich Unmut angesichts der Verkaufserfolge hiesiger ­Unternehmen. 2016 erzielte die Bundesrepublik im Export 261 Milliarden Euro mehr, als für Importe ausgegeben wurden. Der Überschuss fiel mit 8,3 Prozent des Brutto­in­landsprodukts erstaunlich hoch aus.

„Die Kritik, wonach die Stärke der deutschen Industrie zu Lasten anderer Staaten in der EU geht, ist völlig unbegründet. Das Gegenteil ist der Fall: Die Nachfrage aus Deutschland sorgt für 4,8 Millionen Jobs in den anderen EU-Staaten“, sagte Bertram Brossardt, der Geschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW). Dieser Verband hatte die Prognos-Studie in Auftrag gegeben.

Die Logik hinter der These: Die ­hiesigen Firmen brauchen große Mengen an Vorprodukten und Teilen, die aus dem Ausland geliefert ­werden. Läuft die ­Wirtschaft hierzulande rund, profitieren davon auch Zulieferländer wie Polen, Tschechien, Österreich, die Niederlande oder Frankreich.

Deutschlands Handelspartner könnten stärker profitieren, wenn die hiesigen Löhne und Einfuhren stiegen würden, sagt Ökonom Gustav Horn

„Natürlich schafft die bundesdeutsche Wirtschaft durch ihre Nachfrage Arbeitsplätze im Ausland“, entgegnete IMK-Chef Horn. „Die Zahl könnte allerdings wesentlich höher ausfallen. Die nach wie vor zu geringen deutschen Importe verhindern, dass Firmen in den Nachbarländern wachsen und Stellen schaffen.“

Ändern ließe sich das, indem die Löhne der bundesdeutschen Arbeitnehmer und damit die Preise einheimischer Waren steigen. Das freilich lehnt die VBW ab – wie auch andere Wirtschaftsverbände. „In diesem Szenario würden besonders die Staaten leiden, die eng mit der deutschen Wirtschaft verbunden sind“, erklärte VBW-Chef Brossardt.

IMK-Forscher Horn sieht das anders: „Wenn die hiesigen Löhne stärker stiegen, würden deutsche Firmen im Ausland möglicherweise etwas weniger verkaufen. Dadurch könnten sich die Unternehmen der Nachbarländer besser entwickeln, und mehr Arbeitsplätze würden dort entstehen. Die höhere Nachfrage der bundes­deutschen Arbeitnehmer könnte zusätzlich für mehr Importe sorgen. Es käme zu einer gewissen gewünschten ­Verlagerung von Wachstum. Die Position der deutschen Wirtschaft wäre aber unter dem Strich keinesfalls bedroht.“

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