Die Tasche mit dem Geld

Animation Liu Jians „Hao ji le“ ist eine schräge Mafiakomödie – und der erste animierte Film aus China, der je im Wettbewerb einer Berlinale lief

Kleines Team, wenig Animation, aber gute Handlung: „Hao ji le“ Foto: Abb.: Liu Jian/Berlinale

Weil die Schönheitsoperation seiner Verlobten schiefgegangen ist, nimmt der Baustellenfahrer Xiao Zhang dem Kurier eines lokalen Mafiosos eine Tasche voll Geld ab. Xiao Zhang nimmt ein Zimmer in einem Bahnhofsmotel, geht ins nächste Internetcafé und chattet mit seiner Freundin über Fluchtpläne. Innerhalb kurzer Zeit hat die Gangsterorganisation seine Spur aufgenommen und schickt einen Auftragskiller los, um ihm das Geld wieder abzunehmen.

Als Xiao Zhang in einem Imbiss eine Nudelsuppe mit einem der 100-Yuan-Scheine aus der Tasche bezahlt, wird ein Pärchen von Kleinkriminellen auf ihn aufmerksam und beschließt, ihn zu kidnappen, um zu erfahren, ob noch mehr zu holen ist. In immer abstruseren Windungen kreist die Tasche mit dem Geld zwischen den Akteuren des ersten animierten Films aus China, der je im Wettbewerb einer Berlinale lief – Liu Jians „Hao ji le“ („Einen schönen Tag noch“).

Wie schon Liu Jians letzter Film „Citong wo“ („Piercing I“) verbindet auch sein neues Werk einen nüchternen Blick auf die betonierte Urbanität Chinas mit einem düsteren, verschrobenen Humor. Die Charaktere scheinen einer überdrehten Mafiakomödie entstiegen. Flächige Standbilder in gedämpften Farben mit einzelnen animierten Elementen wie Leuchtreklamen bilden die Hintergründe, vor denen sich die Handlung abspielt.

Ein global etablierter Stil

Der Stil der Animationen ist von linearen Zeichnungen bestimmt, die jedoch nicht die starre Klarheit der klassischen Ligne claire französischer Comics haben, sondern einem unterdessen nahezu global etablierten Stil folgen, bei dem die Linien etwas unsauberer gesetzt sind, was schon unbewegten Bildern Dynamik verleiht.

Die Credits am Ende des Films sind für einen Animationsfilm kurz: Liu Jian hat seinen Film mit einem sehr kleinen Team realisiert. Die spärliche Animation, die weitgehend auf Lippensynchronität verzichtet, trägt zum spröden Look des Films bei – doch bisweilen hemmt sie auch den Sog der Handlung.

Liu Jian begann 1995 mit Animation zu arbeiten, nachdem er zwei Jahre zuvor sein Studium an der Kunstakademie von Nanjing in chinesischer Malerei abgeschlossen hatte. Wenn man die Entwicklung sieht, die zwischen „Piercing I“ und „Einen schönen Tag noch“ liegt, darf man auf folgende Filme Liu Jians gespannt sein. „Einen schönen Tag noch“ zählt ohne jeden Zweifel zu den stärkeren Filmen in einem ausgesprochen durchwachsenen Jahrgang des Wettbewerbs. Fabian Tietke

18. 2., 9.30 Uhr, Friedrichstadt-Palast; 18. 2., 12.45 Uhr, Haus der Berliner Festspiele; 18. 2., 22.30 Uhr, International; 19. 2., 10 Uhr, Haus der Berliner Festspiele