Griechische Abstimmung zum Haushalt: Es wird weiter gespart

Eine einmalige Finanzspritze für bedürftige Rentner soll sonstige Kürzungen bei Gehältern und Altersbezügen vertuschen. Indirekte Steuern steigen.

Menschen auf der Straße, eine Frau hält ein Blatt Papier in die Luft

Proteste gegen Rentenkürzungen am 3. November in Athen Foto: reuters

ATHEN taz | Das griechische Parlament hat am Samstagabend nach einer fünftägigen Debatte den Haushalt für das kommende Jahr gebilligt. Regierungschef Alexis Tsipras bezeichnete den Etat als „erstes Budget des Wachstums und des Aufschwungs“.

Die Entscheidung für den Haushaltsplan der Koalitionsregierung aus Rechtspopulisten (ANEL) und Linken (Syriza) fiel knapp aus: 152 der 300 Abgeordneten stimmten für den Plan, 146 ParlamentarierInnen stimmten dagegen. Zwei Abgeordnete waren nicht anwesend.

Vor der Entscheidung wurden Neuwahlen durch das Scheitern der Abstimmung nicht ausgeschlossen. Regierungschef Alexis Tsipras hat durch zahlreiche nicht gehaltene Versprechen, keine weiteren Sparmaßnamen durchzuführen, an Rückhalt verloren.

Das verabschiedete Haushaltspaket für das Jahr 2017 umfasst Ausgaben von 55,75 Milliarden Euro und setzt weitere Einsparung auf Kosten der Bevölkerung voraus. Zwar sollen die Ausgaben das wirtschaftliche Wachstum des Landes ankurbeln und so die hohe Arbeitslosenquote von über 23 Prozent bis Ende 2017 auf 20,6 Prozent senken, betonte Tsipras.

Hilfe für die Armen

Der Regierungschef bekräftigte seine Entscheidung von vergangenem Donnerstag, RentnerInnen mit geringem Einkommen mit 617 Millionen Euro zu unterstützen. Er rechtfertigte seinen Entschluss damit, dass Griechenland in diesem Jahr einen Primärüberschuss von 1,9 Milliarden Euro erreichen konnte. Daher sollen Pensionäre mit einer Rente von weniger als 850 Euro im Monat in diesem Jahr eine dreizehnte Monatsrente von 300 bis 700 Euro erhalten. Man helfe den ärmeren Menschen, betonte der Linkenchef.

Griechische und internationale ExpertInnen werteten die Entscheidung als eine vorschnelle Reaktion auf schlechte Umfragewerte des Regierungschefs und die Sorge vor Neuwahlen. Tsipras wolle mit dieser Sozialpolitik die weiteren harten Sparmaßnahmen in Höhe von 2,45 Milliarden Euro vertuschen. So sollen Staatsausgaben für Gehälter und Renten um 5,7 Milliarden Euro gekürzt werden.

Eine weitere Erhöhung indirekter Steuern ist geplant: Autos, Treibstoff, Tabak, Kaffee, Spirituosen und Festnetztelefondienste werden nochmals teurer. Zudem sollen die Abgaben von Landwirten und Freischaffenden erhöht werden. Dazu gab es starke Kritik von der Opposition: „Damit zahlen wieder die Schwächeren“, sagte Kyriakos Mittsotakis, Chef der konservativen Nea Dimokratia (ND).

Um das dritte Hilfsprogramm in Höhe von 86 Milliarden Euro zu bekommen, hatten sich die griechische Regierung und die Geldgeber auf ein weiteres Reformprogramm bis 2018 verständigt. Dazu kam es am Rande der Haushaltsdebatte zu Diskussionen über weitere harte Sparmaßnahmen.

Änderungen des Arbeitsrechts

Denn damit sich der Internationale Währungsfonds (IWF) am laufenden Reform-und Sparprogramm beteiligt, setzt dieser laut der griechischen Regierung für die Zeit nach 2018 weitere Einsparungen von etwa 4,5 Milliarden Euro voraus. Hier sollen erneut die jetzt schon niedrigen Renten weiter gekürzt werden.

„Griechenland wird auf keinen Fall zusätzliche Sparmaßnahmen akzeptieren, die im aktuellen Sparprogramm nicht vorgesehen sind“, sagte Tsipras dazu. Zusätzlich forderten die Geldgeber Änderungen des Arbeitsrechts. So sollen etwa das Streikrecht eingeschränkt und Entlassungen erleichtert werden. Tsipras weigerte sich bisher, solche Arbeitsmarktreformen zu beschließen, die selbst dem europäischen Modell widersprechen würden. Die Bevölkerung bangt nun, dass der Regierungschef erneut unter dem Druck seiner Gläubiger einknicken könnte.

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