Paarbeziehung mit tödlichem Ausgang

Symbiose Sylvia Plath und Ted Hughes kämpften beide mit ihren Dämonen am Schreibtisch. Die Schriftstellerin Connie Palmen erzählt von ihnen

Dieses Paar gehört zur Literaturgeschichte: Sylvia Plath und Ted Hughes, höchstens zu vergleichen mit den ähnlich exzentrischen Dichtereheleuten Virginia und Leonard Woolf oder Zelda und F. Scott Fitzgerald.

Die US-Schriftstellerin Sylvia Plath und der britische Dichter Ted Hughes treffen am 25. Fe­bruar 1956 zum ersten Mal aufeinander. Nach nur vier Monaten heiratet das junge, schöne, talentierte Paar. Kurze Zeit später bekommt es zwei Kinder. Die sind noch klein, als sich ihre Mutter, kurz nach der Trennung von Ted Hughes, mit gerade mal 30 Jahren das Leben nimmt. Dem überlebenden Gatten kommt von nun an die Rolle des Bösewichts zu, erst recht dadurch, dass auch seine zweite Ehefrau, ebenjene, mit der er seine erste betrog, sich später das Leben nimmt.

Die niederländische Schriftstellerin Connie Palmen empfand das Schicksal von Ted Hughes schon lange als schrecklich, weswegen sie ihn nun, wenn auch postum, endlich selbst zu Wort kommen lässt. Außer in seinen Gedichten hat sich Hughes nämlich nie zu den vielen Anschuldigungen geäußert. Connie Palmen tut es jetzt sozusagen an seiner statt.

Dabei ist kaum eine Autorin denkbar, die dafür besser geeignet wäre. Palmen hat sich im Laufe ihres Lebens zu Recht einen Ruf als Fachfrau für Paarbeziehungen, zumal solchen mit tödlichem Ausgang erworben. In ihren Büchern „I. M.“ und „Logbuch eines unbarmherzigen Jahres“ spürt sie psychologisch hellsichtig und raffiniert offenherzig ihren eigenen tragischen Paarbeziehungen nach. Dabei zeichnen sich die Liebesgeschichten, die sie (be)schreibt unter anderem durch ihre geradezu monströse Schicksalhaftigkeit aus, wohl eine Grundvoraussetzung jeder großen Liebe, in der Literatur wie im Leben.

Von Plath und Hughes heißt es in Palmens Buch einmal, sie hätten sich nicht erobert, sondern erbeutet. Dabei streift sich die Autorin, um dieser Ehe nachzugehen, die Person Ted Hughes über wie ein Kleid. Sie kann sich dabei auf Hughes’ autobiografisch grundierte Gedichtsammlung „Birthday Letters“ stützen sowie auf seine Essays und Einleitungen zu Werken seiner ersten Ehefrau.

Es ist ein literarisches Spiel, das Palmen spielt: 35 Jahre nach dem Tod seiner Frau meldet sich der angefeindete Dichter zu Wort. Schön, dass Palmen ihren Icherzähler nicht mit Jetzt-rede-ich-Trotz poltern lässt, sondern ihn als ebenso feinsinnigen wie lebensdurstigen Mann zeichnet, der in den ersten Jahren unendlich froh und stolz war, in Sylvia Plath eine wirkliche Lebensgefährtin gefunden zu haben. Für ein vornehmlich der Poesie gewidmetes Leben. Beide wussten, was es bedeutet, die eigenen Dämonen am Schreibtisch niederzuschlagen. Das Symbiotische ihrer Liebesbeziehung ist auch Folge ihres gemeinsam gelebten Berufs.

Naturgemäß ist der Klatschfaktor in einem solchem Buch hoch, wobei über Sylvia Plath nicht nur dank ihres eigenen stark autobiografischen Werks beinahe alles bekannt zu sein scheint. In Palmens Buch spricht Hughes meist nur zärtlich von „meiner Braut“. Dabei lässt er seine erste Ehe im Schnelldurchgang Revue passieren, erzählt vom ausgelassenen Leben in der amerikanischen Künstlerkolonie Yado, den beiden Kindern sowie den Selbstzweifeln und Hausfrauengelüsten seiner Gattin und seinem eigenen, recht fortschrittlichen Verständnis von einem Ehemann. Hier und da rechtfertigt er sich, antwortet auch mal explizit seinen Kritikern sowie all jenen Schnellrichtern, die immer schon wussten, wie sich alles zugetragen hat und wer die Schuld trägt am Selbstmord der Sylvia Plath.

Mit großer Anteilnahme an den Nöten und Leidenschaften dieses Paares entwirft Palmen eine außergewöhnliche Liebesgeschichte. Die manische Eifersucht der Plath beschreibt sie bis in die letzten Nervenenden hinein und macht sie ebenso verständlich wie seine lustvollen Affären. Es gelingt ihr bravourös, Ted Hughes in Schutz zu nehmen, ohne Sylvia Plath zu beleidigen. Ein Kunststück. Shirin Sojitrawalla

Connie Palmen: „Du sagst es“. A. d. Niederländischen von Hanni Ehlers. Diogenes, Zürich 2016, 278 S., 22 Euro