Wochenschnack
:

die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Straße 23 | 10969 Berlin | briefe@taz.de | www.taz.de/zeitung

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Ein weltoffenes Gesicht zeigen

Dresden Nach den Anschlägen gehen die Vorbereitungen zu den Feiern des 3. Oktober weiter. Sollte die Einheitsfeier nicht abgesagt werden?

Vor einer Moschee in Dresden explodierte am 27. September eine Bombe Foto: ap

Höhepunkt

betr.: Terror vor dem Tag der Deutschen Einheit“, taz vom 28. 9. 16

Im Prinzip ist das, was in Dresden geschehen ist, nur ein weiterer Höhepunkt rechter Gewalt in Deutschland! Und die Politik ist da auch nicht ganz unschuldig! Wenn man sieht, wie so manche Parteien sich gegenseitig hochschaukeln mit der Kriminalisierung von Flüchtlingen, dann ist diese Entwicklung leider nicht anders zu erwarten! Es ist dabei egal, welche Parteien oder wer auch immer: Mit den Sprüchen, die so manche Politiker vom Stapel lassen, ist es ein gefundenes Fressen für die rechtsextreme Szene!

RENÉ OSSELMANN, Magdeburg

Im Gegenteil

betr.: „Sagt das ab!“ von Anja Maier, taz.de vom 28. 9. 16

Ganz im Gegenteil. Ausführlichst darüber berichten, jede Entgleisung, jeden Übergriff und jedes Fettnäpfchen der Rechten dokumentieren. Damit wirklich der Letzte begreift, woher in der Region der Wind weht.

KABOOM, taz.de

@Kaboom Wenn es nur so einfach wäre. Ich lebe seit acht Jahren in Dresden und muss erleben, wie die Situation hier immer peinlicher für Stadt und Land wird.

Was schon immer so war: Polizei und Politik waren nie wirklich daran interessiert, die Übergriffe und Entgleisungen der rechten Szene aufzunehmen. Da reißt schon einmal ein Nazi den rechten Arm hoch, und wer sich provozieren lässt, wird von der Polizei festgesetzt.

Und aus aktuellem Anlass: Innen­minister Markus Ulbig versucht gerade, einen Sprengstoffanschlag auf eine Moschee in Dresden der linken Szene anzuhängen.

COOPER, taz.de

Liberale stärken

betr.: „Sagt das ab!“, taz.de vom 28. 9. 16

Würde man die in Dresden geplanten Feiern absagen, hätte man Sachsen damit endgültig aufgegeben. Trotz aller rechten Exzesse gibt es dort doch sicherlich auch liberal denkende Menschen mit demokratisch gefestigter Grundhaltung. Diese würde man dadurch in Sippenhaft nehmen und ihnen damit unrecht tun.

NIKOLAI NIKITIN, taz.de

Hurra-Erfolg

betr.: „Sagt das ab!“, taz.de vom 28. 9. 16

Frau Maier, wenn diese „Sause“ aus den von Ihnen genannten Gründen abgesagt werden sollte, wäre das ein Hurra-Erfolg für Pegida und Co, die mit der BRD, Merkel und Gabriel ja ebenfalls nichts am Hut haben! Damit hätte dieser Verein wahrscheinlich selbst nicht mehr gerechnet, seit er auf dem absteigenden Ast ist.

PFANNI, taz.de

Tolerantes Dresden

betr.: „Einheitsfeier absagen?“, taz vom 29. 9. 16

Als Gesellschaft müssen wir auch zugeben: Hasskriminalität, Muslimfeindlichkeit und Rechtsextremismus sind keine spezifischen Probleme des Ostens. Die Solidaritätsbekundungen aus der Nachbarschaft und Politik in Dresden zeigen, dass die Stadt und andere Teile des Ostens außer ihrer hässlichen und rückwärtsgewandten Erscheinung (Aufmärsche der Pegida und sogenannter Wutbürger, Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, Erfolge von rechtsextremistischen und rechtspopulistischen Parteien etc.) auch ein tolerantes, friedliches und weltoffenes Gesicht haben. Bei der zentralen Feier zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober wird es eine weitere Chance geben, der Welt das tolerante Gesicht Dresdens zu zeigen und, wie es Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ausdrückt, „Brücken des Dialogs“ zu bauen.

YASIN BAS, Melle

Nicht feiern

betr.: „Sagt das ab!“, taz.de vom 28. 9. 16

Mir ist gar nicht nach feiern zumute, weder in Dresden noch anderswo. Auffällig ist die Location trotzdem. Schon die Bilderberger haben dort ihren Mammon gefeiert.

Nu, da machd doch eiern Drägg alleene! ANAMOLIE, taz.de

Jetzt erst recht

betr.: „Sagt das ab!“, taz.de vom 28. 9. 16

Jetzt erst recht. Wollen wir dem Pöbel, den Rechtsextremen, der Antifa oder gar dem IS freiwillig das Feld überlassen? Zur Demokratie gehört auch Wehrhaftigkeit, alles andere ist eine Kapitulation vor Gewalt und Extremismus. Hoffentlich setzen die Dresdner ein Zeichen gegen jede Form von politischem und religiösem Extremismus. Dafür ist der 3. Oktober der wahrlich würdige Rahmen. HANS-GEORG BREUER, taz.de

Nicht vergessen

betr.: „Mach es, Gauck!“ von Lukas Wallraff, taz.de vom 29. 9. 16

Überschattet von der Geflüchteten­thematik und rechtsradikalen Umtrieben sollte nicht vergessen werden, dass über 26 Jahre nach der sogenannten Wiedervereinigung die Löhne, Gehälter und Renten im Osten immer noch niedriger sind, dass es mangels echter Perspektiven nach wie vor eine gewaltige Landflucht insbesondere junger Menschen gen Westen gibt, obwohl der Westen unseres Landes auch schon längst nicht mehr leuchtet. Statt Feiern mit salbungsvollen Reden und Schönlügen der Ist-Situation stünde eine radikale Gesellschaftsreform an: Nicht ein paar verblendete Rassisten und unbelehrbare Nazis sind schuld am Desaster, sondern 25 Jahre neoliberaler Transformation, seit 15 Jahren durch die Agendapolitik verschärft. Wer 1989/90 Freiheit wollte, lässt sich jetzt nicht mit Hartz IV abspeisen! KHALED CHAABOUTÉ, taz.de

Flagge zeigen

betr.: „Mach es, Gauck!“, taz.de vom 29. 9. 16

Schön, dass die taz das Menschliche am Menschen so klar abbildet. Mein Bauch, zum Beispiel, gibt Frau Maier recht, mein Kopf hingegen Lukas Wallraff: Selbst dann noch, wenn 95 Prozent aller Dresdner die AfD wählen würden, müssten alle, die was auf sich halten, in Dresden Flagge zeigen. Für mich ist es die Sprache, für andere ist es das Elbsandsteingebirge, für wieder andere die halbwegs funktionierende Organisation oder Randale in Berlin am 1. Mai ohne Kopfschuss und für einen Vierten vielleicht sogar Mallorca oder Bananen. Es ist beinah egal, was wir am 3. Oktober feiern. Wichtig ist im Augenblick, dass wir es gemeinsam tun. Es ist doch so: Alles, was es in diesem Land zu feiern gibt, sollte Deutschland ausmachen. Solange wir noch imstande sind, den jeweils anders Denkenden wenigstens einmal im Jahr fröhlich sein zu lassen an unserer Seite, ist das ’ne Einheitsfeier wert. Nur dann nämlich wird er die Woche drauf auch (wieder) mit uns diskutieren. Und was passiert, wenn wir es nicht mehr schaffen, miteinander auszukommen, wissen wir alle, wenn wir ehrlich sind. Abgesehen davon sind die Rechten eher zu bedauern als zu fürchten. Sie haben keinen Grund zum Mitfeiern. Sie setzen ausschließlich auf Angst, Drohungen und Gewalt. Wer außer ihnen feiert so was schon? MOWGLI, taz.de