CDU droht mit Boykott

Festakt Daniel Cohn-Bendit soll zum Tag der deutschen Einheit in der Paulskirche sprechen. Die Frankfurter CDU schießt quer

CDU, SPD und Grüne bilden erst seit Juli eine Koalition im Frankfurter Römer

Aus Frankfurt am Main Christoph Schmidt-Lunau

Die schwarz-rot-grüne Koalition, die erst seit Juli zusammen im Frankfurter Römer regiert, hat ein Problem. Weil Oberbürgermeister Peter Feldmann, SPD, für den Festakt zum Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober den Grünen Daniel Cohn-Bendit in die Paulskirche eingeladen hat, rumort es in der Frankfurter CDU.

Inzwischen ist der Streit eskaliert. Wegen der „pädophilen Vergangenheit“ des Redners würden viele CDU-Ratsmitglieder der Veranstaltung fernbleiben, ließ Fraktionschef Michael zu Löwenstein wissen.

Einmal mehr muss sich der prominenteste Grüne der Stadt für sein Buch „Der große Basar“ aus dem Jahr 1975 rechtfertigen. Im Furor der sexuellen Befreiung, geprägt von den Schriften Wilhelm Reichs hatte er – wie er heute sagt – „schlechte Literatur“ – veröffentlicht. Die zwei Seiten in dem schmalen Bändchen, seien „dumm und falsch“ gewesen, sagt er seitdem, doch sie holen ihn immer wieder ein – zuletzt 2013 zu Beginn des Bundestagswahlkampfs. Damals machten die „unscharfen“ Formulierungen Cohn-Bendits wieder Schlagzeilen, als er mit dem Theodor-Heuss-Preis geehrt werden sollte. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, als Laudator eingeplant, sagte ab. Vor der Tür gab es Proteste, als Cohn-Bendit den Preis entgegennahm.

Auch jetzt will Cohn-Bendit am 3. Oktober in der Paulskirche reden, allem Widerstand zum Trotz. Wenn sich die Frankfurter CDU, immerhin Koalitionspartner von SPD und Grünen im Römer, auf einen Streit über den Festakt an diesem historischen Ort einlasse, gehe es nicht um ihn persönlich, sondern um die „kulturelle Hegemonie“, meint Cohn-Bendit zur taz. Die CDU stehe in Frankfurt nach Wahlschlappen und vor der nächsten OB-Wahl unter Druck. Mit der AfD sei ihr ein harter Konkurrent erwachsen, es gebe einen internen Richtungsstreit. Mit einem Exkämmerer und einem Exfraktionschef seien prominente ehemalige CDU-Mitglieder bei der AfD führend tätig.

Grünen-Fraktionschef Manuel Stock wies die Vorwürfe der CDU als „völlig unakzeptabel und unter der Gürtellinie“ zurück. Niemals habe sich Cohn-Bendit tatsächlicher Verfehlungen schuldig gemacht; für seine „verbalen Unschärfen“ zu dem Thema Sexualität mit Kindern habe er sich mehrfach entschuldigt. „Gefühlt“ gehöre der Tag der Deutschen Einheit in ihrer eigenen Sicht offenbar der CDU, meint Stock. Deshalb sei der ehemals „rote Dany“ eine Reizfigur für sie, so Stock zur taz.

Die CDU bleibt jedoch auf ihrem Kurs. CDU-Römerchef zu Löwenstein betont gegenüber der taz zwar, dass er Cohn-Bendit persönlich als Politiker schätze, „der seine Partei mit der Realität versöhnt“ habe. Gleichwohl erklärt er auf Facebook, Cohn-Bendit habe „Pädophilie als schön, nachahmenswert und gerechtfertigt“ geschildert. Zu Löwenstein will als Nachfolger von Erika Steinbach für den nächsten Deutschen Bundestag kandidieren. Die ging in ihrem Tweet weiter als ihr möglicher Nachfolger. Cohn-Bendit habe Pädophilie nicht nur gerechtfertig, er sei auch an der Odenwaldschule „durch pädophile kriminelle Lehrer sozialisiert“ worden, legt die Bundestagsabgeordnete nach, schrieb sie.

Cohn-Bendit war tatsächlich Schüler der einstigen Vorzeigeschule, die pädokriminelle Lehrer in den Ruin getrieben haben. Doch Dany verließ die Schule 1966, bevor es zu den später bekannt gewordenen Missbrauchsfällen kam.