Jagd auf Warlord wird beendet

Uganda Die Armee will aufhören, in der Zentralafrikanischen Republik den berüchtigten LRA-Führer Joseph Kony zu suchen. Die Terrortruppe ist in jüngster Zeit wieder verstärkt in Erscheinung getreten

Eines der wenigen Bilder von Joseph Kony, hier bei einer Pressekonferenz im Südsudan im Jahr 2006 Foto: Adam Pletts/reuters

aus Kampala Simone Schlindwein

Ugandas Armee beendet vorerst die Jagd nach ihrem Staatsfeind Nummer Eins: Joseph Kony, berüchtigter Anführer der Rebellenarmee LRA (Widerstandsarmee des Herren). Der seit fast elf Jahren per Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof Gesuchte gilt als einer der brutalsten Kriegsherrn Afrikas.

„Bis Jahresende werden wir uns aus der Operation zurückziehen“, erklärt Ugandas Armeesprecher Oberst Paddy Ankunda der taz. Die LRA sei keine Bedrohung mehr für Uganda.

Die einst in Norduganda entstandene Miliz hatte sich 2005 im Zuge langwieriger Friedensverhandlungen in die Nachbarländer zurückgezogen: zuerst in den Südsudan, dann in die Demokratische Republik Kongo. Als die Verhandlungen scheiterten, bombardierte Ugandas Armee (UPDF) mit Kampfhubschraubern Konys Versteck im Garamba-Nationalpark im Kongo östlich von Dungu.

Kony floh mit den meisten Kämpfern in die Zentralafrikanischen Republik. Er versteckt sich seit 2010 unter sudanesischem Schutz in der sudanesischen Enklave Kafia Kingi nahe der Grenze zu Zentralafrika und Südsudan.

Fast eine halbe Million Menschen wurden mittlerweile in der Grenzregion vertrieben, über 2.000 massakriert und Abertausende Kinder entführt, um die Jungen zu Kämpfern auszubilden, die Mädchen als Sexsklavinnen zu halten.

Seit acht Jahren jagen zwei Bataillone ugandischer Spezialeinheiten die LRA über drei Ländergrenzen hinweg. Doch die Operation vom Ort Obo aus, in unwegsamem Gelände über 1.000 Kilometer von der Heimat entfernt, sei kostspielig, sagt Ugandas Armeesprecher: „Mit Ausnahme der USA hat die Welt uns im Stich gelassen.“

Seit 2011 unterstützen US-Spezialeinheiten die UPDF in der Zentralafrikanischen Republik mit rund 200 Soldaten, Logistik und Aufklärung. 2012 wurde die Operation unter Mandat der Afrikanischen Union (AU) gestellt, eine regionale Eingreiftruppe von 5.000 Mann beschlossen. Die Armeen Südsudans und der Zentralafrikanischen Republik sollten mitmachen – doch dann brach in beiden Ländern Bürgerkrieg aus. Faktisch schulterte Uganda die Operation also alleine, mit Soldaten, Flugzeugen, Benzin, Lebensmittelrationen.Dies schade langfristig Ugandas Wirtschaft, so Ankunda. Auch Ugandas Rückzug aus der AU-Mission in Somalia (AMISOM), die gegen Islamisten kämpft, stünde Ende 2018 an.

„Der UPDF-Abzug bedeutet ein Sicherheitsrisiko für die lokale Bevölkerung“, warnt gegenüber der taz Paul Ronan, Gründer der US-Organisation „Resolve“, die die LRA-Verbrechen systematisch katalogisiert. Er hat jüngst mehrfach das LRA-Gebiet im Osten der Zentralafrikanischen Republik besucht. Die UPDF-Truppen seien wichtig für den Schutz der Bevölkerung, resümiert er. Die LRA habe im ersten Halbjahr 2016 über 340 Menschen entführt, weit mehr als im ganzen Jahr 2015. Darunter seien 69 Jungen, die als Kämpfer trainiert werden, so Ronan.

Der US-Amerikaner hat mit fahnenflüchtigen LRA-Kämpfern gesprochen „Diese erklärten, Kony habe an seine Truppen Befehle gegeben, gezielt Jungen zu entführen, um eine neue Generation von Kämpfern auszubilden“, berichtet er. Die USA setzten im August Konys Söhne auf die US-Sanktionsliste. Sie gelten als seine Nachfolger. Laut Ronan ist die LRA bei weitem keine sterbende Kraft, im Gegenteil.

Ugandas Armeesprecher sieht die UN in der Pflicht. Die im Westen des Landes stationierten Blauhelme der UN-Mission in Zentralafrika (MINUSCA) müssten auch in den LRA-Gebieten Sicherheit herstellen, so Ankunda: „Es ist Zeit, dass die internationale Gemeinschaft Verantwortung übernimmt.“

Dazu kommt: Beim Krieg im Südsudan unterstützt Uganda die Regierung von Präsident Salva Kiir. Ugandas Spezialeinheiten müssen ihre Kapazitäten bündeln, statt an mehreren Fronten außerhalb der Landesgrenzen zu kämpfen.