Brüssel gibt keine Ruhe

Chemie EU stimmt erneut über Zulassung von Glyphosat ab

BERLIN | So holprig wie bei dem umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat war das Genehmigungsverfahren für ein Pflanzenschutzmittel in Brüssel noch nie. Die derzeitige Zulassung ist nur noch knapp eine Woche gültig, bis Ende Juni. Eine Mehrheit für eine Verlängerung ließ sich bisher im Kreise der EU-Staaten aber nicht finden – und sie wird es auch am heutigen Freitag nicht geben, an dem nochmal eine letzte Abstimmung statt finden wird.

Das liegt auch an Deutschland. Denn CDU-Kanzlerin Angela Merkel und die Union wollen zwar die Neuzulassung, die SPD aber will sie nicht. Die Positionen, so heißt es aus der SPD-Fraktion, seien unverrückbar. So wird sich die Bundesregierung wieder enthalten.

Umweltverbände hatten mit ihrem Protest gegen den Stoff, der im Verdacht steht, Krebs auszulösen, in den vergangenen Monaten ein gewaltiges Echo ausgelöst. Sehr zum Missfallen der großen Agrarindustriekonzerne. Glyphosat sei „zum Platzhalter für die grundsätzliche Debatte geworden, welche Landwirtschaft wir wollen“, sagte Syngenta-Sprecher Peter Hefner der taz. Die Kritiker hätten „eine Panik schürende Kampagne durchgezogen“ und die Verbraucher verunsichert. Die „Politisierung des regulatorischen Prozesses“ habe „die Souveränität der Zulassungsbehörden untergraben“.

Allerdings hat die EU-Kommission schon im voraus klar gemacht, dass sie die Zulassung von Glyphosat im Zweifel im Alleingang für bis zu 18 Monate verlängern werde. Das ist die Zeitspanne, in der die Europäische Chemikalien-Agentur Echa mit Sitz in Helsinki klären soll, ob Glyphosat tatsächlich krebserregend ist. Das Recht dazu hat die EU-Kommission.

Der zuständige Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis hatte bisher immer erklärt, davon keinen Gebrauch machen zu wollen. Vor wenigen Tagen sagte indes Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission, vor dem Umweltausschuss des EU-Parlaments: „Die EU-Kommission hat nicht den Luxus, sich zu enthalten.“

Hanna Gersmann