Das wahlkampftagebuch
: Tanzgruppenchefin
mit Ladehemmung

Das taz-Wahlkampftagebuch

Foto: privat

Die Analysen von taz-RedakteurInnen zu den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz erscheinen täglich bis zum Wahltag am 13. März.

Alina Leimbach ist Korrespondentin für Rheinland-Pfalz.

Die großen, markigen Töne sind bei ihr nicht an der Tagesordnung. Beziehungsweise waren es nicht. Denn im TV-Duell erlebten die Zuschauer eine andere Malu Dreyer.

Schon bei ihrer ersten Frage fuhr die amtierende Ministerpräsidentin einen Angriff. „Wir stehen mehr hinter Merkel als Sie“, sagte Dreyer und griff damit genau die Schwachstelle ihrer Konkurrentin Julia Klöckner an. Die muss sich seit Vorstellung ihres „Plans A2“ den Vorwurf gefallen lassen, dass ausgerechnet sie, eine enge Merkel-Vertraute, der Kanzlerin in den Rücken falle. Und so ist es ausgerechnet das Flüchtlingsthema, bei dem Dreyer den stärksten Eindruck hinterlässt.

Vorm Duell waren eigentlich alle überzeugt: Klöckner macht das Rennen. Es mag abgedroschen klingen, aber die ehemalige Weinkönigin und Tanzgruppenführerin weiß zu unterhalten. Sie ist bissig, präzise und bringt sogar reservierte Journalisten mit ihrer Schlagfertigkeit zum Lachen.

Nur war diese Julia Klöckner an dem Abend, zumindest anfangs, nicht da. Fast ein wenig überrumpelt wirkt die rheinland-pfälzische CDU-Spitzenfrau von der ersten Frage, warum ausgerechnet sie in einer für die Kanzlerin schweren Zeit Horst Seehofer empfängt. Ihre Antwort kommt langsam und staatstragend, das siegesgewisse Lächeln entgleitet ihr kurz. „Am Ende zählt nicht, an wessen Seite man steht, sondern für welche Inhalte“, sagt sie. Die Kanzlerin halte Europa zusammen, sie wolle den Kommunen helfen, wiederholt Klöckner ihre altbekannte Position.

Bei ihrer Rededuell-Taktik hält sich Klöckner jedenfalls an Merkel. Inhalte erklären statt attackieren, alle mitnehmen statt abschrecken. Eine Rechnung, die sie ohne die an dem Abend so kampfeslustige Malu Dreyer gemacht hat, die ihr anfangs die Aufmerksamkeit stiehlt.

Erst gegen Ende kann Klöckner in der Debatte deutlicher eigene Punkte setzen. Ausgerechnet beim Thema Bildung, Kernthema der SPD und zugleich deren Ablenkungsthema gegenüber der von ihr gefürchteten Flüchtlingsdebatte, kann die CDU-Kandidatin Dreyer ins Trudeln bringen.

Laut Publikumsentscheid hat Dreyer knapp gewonnen. Heimzahlen kann CDU-Frau Klöckner ihrer Konkurrentin Dreyer den Auftritt nur noch an der Urne. Es werden zwar noch einmal alle Parteien bei der viel debattierten Elefantenrunde dabei sein. Dreyer betonte jedoch am Dienstagabend erneut, dass sie nicht bereit ist, mit der AfD zu reden. Sie lässt sich bei der zweiten Fernsehdebatte durch ihren Landesvorsitzenden Roger Le­wentz vertreten. Alina Leimbach