BERLINER SZENEN
: IM ZOO

Lou Reed

Mein Sohn schläft. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Schimpansen marodierend durch die Stadt ziehen

Es ist Sonntag. Ich gehe mit meinem Sohn in den Zoo. Die Elefanten nehmen ein Bad, der Löwe schläft, die Pinguine watscheln, ein Paar küsst sich auf einer Sitzbank. In meinem Kopf höre ich Lou Reed, er singt: „Just a perfect day. Feed animals in the Zoo. Oh, it’s such a perfect day. I’m glad I spent it with you.“ Es ist sehr warm, ich kaufe meinem Sohn ein Eis, er scheint glücklich. Wir gehen in den Streichelzoo, er füttert die Ziegen. Ich erinnere mich an die Sommerurlaube bei Oma und Opa in den dalmatinischen Bergen. Wir sind damals mit dem Esel einkaufen gegangen. Der Laden war fünf Kilometer entfernt.

Bei den Wölfen erzählt mir mein Sohn die Geschichte von Peter und dem Wolf. Er sagt: „Peter, warum hast du die Gartentür offen gelassen. Das ist gefährlich. Und dann kommt der Wolf und die Jäger und die Jäger schießen. Papa, wir sind die Jäger.“ Er schießt mit seinen Fingern auf die Wölfe.

Am Mittag schläft er ein. Ich fahre mit dem Kinderwagen durch den Zoo und muss an den Zweiten Weltkrieg denken. Was ist da mit den Tieren passiert – konnten ein paar Raubtiere oder Affen während des Bombenhagels in den Tiergarten flüchten? Vor meinem geistigen Auge sehe ich Schimpansen marodierend durch die Stadt ziehen.

Mein Sohn schläft noch. Ich setze mich auf eine schattige Bank, rauche eine Zigarette und erinnere mich an einen Zoobesuch vor vielen Jahren in San Diego. Ich war mit Marta da, einer Affäre. Mein Gott, wie jung wir damals noch waren.

Mein Sohn wacht auf. Er ist so glücklich und unbeschwert. Ein Orang-Utan wirft einen Stock in unsere Richtung. Mein Sohn sagt: „Papa, der Orang-Utan macht Quatsch.“ „Ja“, sage ich, „der Orang-Utan macht Quatsch.“

Alem Grabovac