Südkorea: Entsetzen über Tötung von Geisel

Nach der Geiselnahme von 23 Südkoreanern in Afghanistan ist in deren Heimat eine Debatte um christliche Missionen in Krisengebieten entbrannt.

Angehörige der in Afghanistan entführten Südkoreaner Bild: dpa

Die Ermordung einer südkoreanischen Geisel durch die Taliban in Afghanistan hat in Seoul Trauer und Entsetzen ausgelöst. Präsident Roh Moo Hyun verurteilte den "Akt der Brutalität": "Die Tötung eines unschuldigen Bürgers kann unter keinen Bedingungen und mit keiner Begründung gerechtfertigt werden." Seine Regierung werde alles daran setzen, die übrigen entführten 22 Südkoreaner so bald wie möglich freizubekommen. Der Leichnam des 42-jährigen Pastors Bae Hyung Kyu wurde gestern morgen entdeckt. Er starb durch zehn Schüsse. Zuvor war ein Ultimatum der Taliban verstrichen, die von der Regierung in Kabul gefordert hatten, 23 ihrer Kämpfer freizulassen.

Bae war der älteste in der Gruppe der vor einer Woche entführten Südkoreaner, unter denen 18 Frauen sind. Alle gehören einer evangelikalen Gemeinde an: Die protestantische Saemmul-Kirche im Süden von Seoul war von Bae im Jahr 1998 gemeinsam mit einem weiteren Geistlichen gegründet worden.

Die Gruppe organisierte seit Jahren Auslandsreisen ihrer Gläubigen, die sich vor allem als Missionare verstehen und bei Hilfsprojekten mitarbeiten. Die Christen um Bae waren ins südafghanische Kandahar gereist, wo Landsleute ein Krankenhaus betreiben. Auf dem Rückweg nach Kabul gerieten sie in einen Hinterhalt. Nach Berichten der südkoreanischen Journalistin Lee Yu Kyuang, die kürzlich in Kandahar war, sind einige der Geiseln Medizinstudentinnen, Krankenschwestern und Lehrerinnen, die als Freiwillige in dem Hospital gearbeitet hatten.

Pastor Bae und seine Gemeindemitglieder waren am 13. Juli in Kabul eingetroffen. Sie wollten zehn Tage bleiben. In ihrer Heimat ist unterdessen eine Debatte über den Sinn und die Gefahren der Mission in Krisengebieten ausgebrochen: "Jeden Sommer reisen christliche Gruppen zu kurzen Missions- und Hilfsbesuchen aus, häufig an gefährliche Orte wie Afghanistan", beschreibt der Korea Herald diese Aktivitäten. "Diese kurzen Trips gefährden unnötig Leben." Der südkoreanische Christenrat, die größte protestantische Organisation des Landes, appellierte mittlerweile an die örtlichen Kirchen, auf Missionen in Afghanistan zu verzichten.

Bereits vor einem Jahr hatte Kabul hunderte südkoreanische Christen, darunter viele Kinder, ausgewiesen. Sie planten ein großes "Afghanistan Friedensfestival" in Kabul. Die afghanischen Behörden verstanden das Projekt als Provokation gegen die muslimische Bevölkerung.

Nach Informationen der Vereinigung für Weltmission Koreas lebten im vorigen Jahr über 16.000 südkoreanische Missionare in aller Welt. Einzig die Kirchen der USA schicken mehr Missionare ins Ausland als die evangelikalen südkoreanischen Gemeinden. Viele ihrer Vertreter arbeiten als Lehrer, Mediziner und Geschäftsleute. Die südkoreanischen Behörden haben aus dem Drama in Afghanistan Konsequenzen gezogen und Privatreisen verboten. Gleichzeitig forderte Seoul die etwa 200 noch im Land lebenden Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Geschäftsleute auf, schnellstmöglich das Land zu verlassen.

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