AOK-Studie: Familienchaos macht Kinder dick

Schon ein paar einfache Familienrituale erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder gesund aufwachsen – ganz egal, ob die Eltern arm oder reich sind, sagt eine Studie.

Regelmäßiges Essen im Kreis der Familie macht gesund. Bild: doreen paltawitz/photocase

BERLIN taz | Ein ausgewogenes Frühstück jeden Morgen ist die beste Voraussetzung für einen gesunden Start in den Tag – das wusste schon Oma immer ganz genau. Eine aktuelle Studie der AOK ergab nun, dass das bei Kindern sogar in doppelter Hinsicht richtig ist: Familienkultur, Rituale und Vorbildfunktion der Eltern sind demnach für die Gesundheit von Kindern wichtiger als die jeweiligen sozioökonomischen Verhältnisse vor Ort. So könnten beispielsweise Übergewicht und bestimmte psychische Erkrankungen vermieden werden, indem Routinen und Regeln gemeinsam mit den Kindern ausgehandelt und im Alltag eingehalten würden.

Die AOK-Studie zeige unter anderem, dass gerade unter Elf- bis 14-Jährigen besonders häufig Krankheitssymptome aufträten, die von einem ungeregelten Familienleben im frühen Kindesalter herrührten. In Familien etwa, in denen Nachwuchs und Eltern täglich gemeinsam am Frühstückstisch säßen, neigten nur um die 20 Prozent der Kinder zu Übergewicht, im Vergleich zu 33 Prozent derjenigen Kinder aus Familien, die das überhaupt nicht täten.

"Auch seine Kinder allabendlich ins Bett zu bringen oder einfach Interesse an Schule oder Kindergarten zu zeigen machen einen Unterschied“, weiß Wolfgang Settertobulte von der Gesellschaft für angewandte Sozialforschung, die für die Erhebung der Daten zuständig war. „Letztlich spielen dabei aber vor allem die Intensität und die Qualität, weniger die Dauer der mit dem Kind verbrachten Zeit eine Rolle.“ So gaben 48,2 Prozent der befragten Eltern normalgewichtiger Kinder an, bestimmte tägliche Gewohnheiten oder Rituale im Zusammenhang mit ihren Kindern zu pflegen. Dagegen tun dies der Untersuchung zufolge nur 22,8 Prozent der Eltern übergewichtiger oder fettleibiger Kinder.

"Über 70 Milliarden geben Krankenkassen in Deutschland jährlich allein für Krankheiten aus, die auf falsche Ernährung zurückgehen“, betont Jürgen Graalmann, geschäftsführender Vorstand des AOK-Bundesverbands. Eine aktuelle Studie des Instituts für Ernährungswissenschaft der Universität Gießen weist außerdem darauf hin, dass derzeit 15 Prozent der Sieben- bis Zehnjährigen und sogar noch mehr unter den 14- bis 17-Jährigen übergewichtig sind.

Der zentrale Befund der Studie, dass eine ruhige und sichere Taktung des Alltags helfen, Übergewicht bei Kindern zu vermeiden und so schwierige finanzielle Verhältnisse hintanstellen, wird aber durch andere Ergebnisse derselben Untersuchung relativiert: So wirkten sich Bildungsgrad der Eltern und Stellung im Beruf auf die Kompetenz in Erziehungsfragen, also auch auf die Umsetzung von Ritualen und Regeln aus. Alleinerziehende seien in dieser Hinsicht besonders stark gefordert.

"Unterschiede gibt es auch zwischen alten und neuen Bundesländern“, ergänzt Settertobulte. Das habe mehrere Ursachen, die eher schwierig zu gewichten seien. „Zum einen hängen die Unterschiede mit verschiedenen Erziehungserfahrungen der Eltern in Ost und West zusammen. In den neuen Bundesländern finden sich aber auch schlicht häufiger prekäre Familienverhältnisse als in den alten.“

Eine besonders gute Nachricht für Eltern: Wer sich selbst hin und wieder ein Päuschen gönnt, tut seinem Kind damit etwas Gutes: „Daher sind auch dichte Unterstützungsnetzwerke sehr wichtig,“ erläutert Graalmann. „Auszeiten der Eltern färben unmittelbar auf die Gesundheit des Kindes ab."

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