Kommentar Irland: Rebellion der Steuerzahler

Nach mehren Sparhaushalten soll es in Irland nun eine neue Haushaltssteuer geben. Die wollen viele Iren boykottieren. Das könnte Erfolg haben.

Es hat lange gedauert, bis den Iren der Kragen geplatzt ist. Sie haben in den vergangenen vier Jahren fünf Sparhaushalte hingenommen, sie haben nicht rebelliert, obwohl die Einschnitte lediglich die unteren und mittleren Einkommensschichten betrafen, und sie haben es ertragen, dass ihre Steuergelder von den Bereichen Bildung und Gesundheit abgezogen und an die Banken verteilt wurden, um sie vor dem Bankrott zu retten.

Die Haushaltssteuer war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. In der Opposition hatte Fine Gael mit Slogans wie „Trotz all ihrer Versprechungen – sie werden euch das Dach über euren Köpfen besteuern“ gegen die damalige Regierung agitiert. Nun soll die Einheitssteuer Millionäre wie Mindestlohnempfänger gleichermaßen belasten.

Damit hat die Regierung erreicht, was keine ihrer Vorgängerinnen geschafft hat: Fast 60 Prozent der Bevölkerung sind zum zivilen Ungehorsam bereit. Das ist wirksamer, als es Straßenschlachten und brennende Autos wie in Griechenland sind, denn der Boykott zwingt die Regierung dazu, Alternativen in Erwägung zu ziehen.

Ob sie sich allerdings dazu durchringt, die Großverdiener angemessen zu besteuern und die Schlupflöcher für Steuerhinterziehung im großen Stil zu stopfen, muss bezweifelt werden. Schließlich hat ein richterliches Tribunal erst vorvergangene Woche die politische Kultur der Grünen Insel als durch und durch korrupt bezeichnet. Alle Parteien und alle Ränge – vom Expremier bis hin zum Bezirksverordneten – wurden dabei impliziert.

Ende Mai bietet sich den Iren eine neue Gelegenheit, ihre Regierung abzustrafen. Dann sollen sie per Referendum den EU-Fiskalpakt absegnen, der die Austeritätspolitik mit jährlichen Sparhaushalten für immer festschreiben würde. Gänse stimmen aber nicht für Weihnachten.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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