Viele Emotionen bei der Begrüßung der Gefangenen

NAHOST Die erste Gruppe von 26 langjährigen Häftlingen ist frei. Luftangriff auf den Gazastreifen

„Niemand schreibt uns vor, wo wir bauen dürfen“ sagt Israels Bauminister Uri Ariel

AUS JERUSALEM ANDREAS HACKL

Vor hunderten Sympathisanten in Ramallah feierte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in der Nacht auf Mittwoch seinen ersten Erfolg im Rahmen der laufenden Friedensgespräche, die Freilassung von 26 palästinensischen Langzeitgefangenen aus israelischer Haft. „Wir gratulieren uns und unseren Brüdern, dass sie die Dunkelheit der Gefängnisse in das Licht der Freiheit verlassen haben“, sagte Abbas in seiner Ansprache in Ramallah. In emotionalen Gesten küsste er die Stirn von Häftlingen und unterstrich damit die symbolische Bedeutung ihrer Heimkehr, wohl auch in der Hoffnung, aus diesem Ereignis politisches Kapital zu schlagen.

Dabei sind nur 11 der 26 Gefangenen in der Nacht auf Mittwoch in das Westjordanland zurückgekehrt. 15 weitere wurden wenig später über den Eres-Kontrollpunkt in den Gazastreifen gebracht, wo die mit der Fatah-Partei von Mahmud Abbas rivalisierende Hamas regiert. Familienangehörige und Sympathisanten haben auch dort die Häftlinge feierlich empfangen, jedoch ohne die Teilnahme von hochrangigen Vertretern der islamistischen Hamas, die sich gegen die laufenden Verhandlungen ausgesprochen hat und aus politischen Gründen große Fanfaren für den Erfolg ihres Rivalen verhindern will. Die 26 Heimkehrer waren die erste Gruppe von insgesamt 104 palästinensischen Langzeithäftlingen, zu deren Freilassung sich Israel im Rahmen der laufenden Nahostgespräche unter amerikanischer Vermittlung bekannt hat. Nach Angaben der israelischen Menschenrechtsorganisation Betselem sitzen derzeit mehr als 6.000 Palästinenser in israelischen Gefängnissen.

Kritisch sieht der palästinensische Journalist Daoud Kuttab den Deal über die Gefangenenfreilassung. „Mahmud Abbas steckt fest“, sagt der palästinensische Menschenrechtsaktivist. „Die Freilassung der Häftlinge war als Geste gedacht. Jetzt ist sie aber zur Bedingung geworden.“ Mit dem Versprechen, auch die restlichen 78 Häftlinge freizubekommen, habe sich Abbas in die Abhängigkeit von Israel begeben. Ohne Plan B müsse er nun jegliche Provokation der israelischen Regierung für die auf neun Monate festgesetzte Dauer der Verhandlungen schlucken. Kuttab zeigt sich besorgt darüber, dass Israel diese Lage strategisch ausnutzen könnte. „Es ist eine schlaue Falle. Entweder Abbas bleibt an den Verhandlungsstuhl gefesselt. Oder er wird jene opfern, die er nun zu seinen Helden macht: die übrigen politischen Gefangenen.“

Nach einem Raketenangriff militanter Palästinenser auf die israelische Grenzstadt Sderot hat die Luftwaffe im Gazastreifen angegriffen. Es seien verdeckte Abschussrampen im Norden des Palästinensergebiets beschossen worden, hieß es in einer Mitteilung der Armee.

Kurz vor den Gesprächen hat Israels Bauminister Uri Ariel erneut den Bau tausender neuer Wohnungen in den Siedlungen angekündigt. Diese sollten im kommenden Jahr errichtet werden. „Niemand schreibt uns vor, wo wir bauen dürfen“, fügte Ariel hinzu. Die Widersprüche innerhalb der israelischen Regierung zum Friedensprozess werden immer deutlicher.